Chapeau! – für die Werkstatt achzg52
Für die Mitarbeit in der Pfarreiwerkstatt achzg52 bekommen bedürftige Menschen nicht nur einen kleinen Lohn. Sie sind auch in einer Gruppe eingebunden, in der man sich gegenseitig unterstützt. Entstanden ist das Projekt aus dem Wunsch heraus, Menschen in finanziellen Notlagen auf Augenhöhe zu begegnen, statt sie als Bettler zu betrachten.
Als es eines Abends – wie so oft – an seiner Tür klingelte, reagierte der Zürcher Pfarrer Martin Piller ungehaltener, als er wollte. «Ich habe den Bittsteller ganz schön angeknurrt», erinnert er sich. «Was ihm denn einfalle, mich schon wieder ausserhalb der Bürozeiten herauszuklingeln!» Dennoch gab er ihm Geld, wie so vielen anderen, die sich aus finanzieller Not an die Kirchgemeinde Maria Lourdes in Zürich-Seebach wenden. Doch die Begegnung beschäftigte ihn, und er dachte zum wiederholten Mal darüber nach, wie sehr ihm diese Art vermeintlicher Hilfe eigentlich widerstrebte. «Ich möchte allen Menschen auf Augenhöhe begegnen, und das Abspeisen von so genannten Bettlern mit einem Fünfliber ist weit von diesem Anspruch entfernt.»
Aus diesem Unwohlsein heraus und dem Nachdenken darüber, wie man es besser machen könnte, entstand die Pfarreiwerkstatt achzg52 – benannt nach der örtlichen Postleitzahl. Angefangen hat das Projekt vor vierzehn Jahren mit einer Handvoll Mitarbeitenden, inzwischen sind es 150. Grundsätzlich können alle, die im Einzugsgebiet der Kirchgemeinde wohnen, zwei Stunden pro Woche Freiwilligenarbeit leisten. Dafür erhalten sie 30 Franken. Das ist zwar nicht viel, doch es drückt eine Anerkennung für die geleistete Arbeit aus und ist kein Geschenk von oben herab – und darum geht’s bei achzg52.
Die in der Werkstatt geknüpften Kontakte bewegen die Mitwirkenden auch dazu, sich gegenseitig zu unterstützen. «Sie machen sich etwa auf freie Wohnungen oder offene Stellen aufmerksam und tauschen sich über ihre persönlichen oder gesundheitlichen Probleme aus», so Piller. Kurzum: Sie machen sich gegenseitig Mut.
Die Werkstatt ist in verschiedene Bereiche geteilt. In der Holzwerkstatt wird Brennholz für Cheminées und Holzheizungen gehackt, das dann für 120 Franken pro Ster verkauft wird. Im Nähatelier werden Kleider umgenäht und aus alten Stoffen neue Kleider hergestellt, unter anderem für Kinder. Ausserdem werden die Wachsreste der Messkerzen recycelt, um neue Kerzen zu giessen. An guten Tagen werden 300 Kerzen pro Person hergestellt, die dann an die Kirche zurückverkauft werden. Auch anstehende Gartenarbeiten wie Rasenmähen oder Aufgaben in der Reinigung können von Werkstatt-Mitarbeitenden übernommen werden – grundsätzlich gibt es für jeden und jede, der mitmachen will, etwas zu tun. Und die Arbeitsgruppen wachsen: Gerade während der Coronakrise kamen immer mehr Menschen in die Werkstatt – teilweise wöchentlich fünf bis zehn neue.
Wir ziehen den Hut vor dem Engagement der Kirchgemeinde Maria Lourdes, Pfarrer Martin Piller und dem Leiterteam der Pfarreiwerkstatt achzg52. Sie stellen unter Beweis, dass eine engagierte Kirche echte Sozialarbeit leisten kann, wenn kreative Menschen mit Herzblut dahinterstecken.
Wer achzg52 unterstützen möchte, kann dies einerseits über Spenden tun, anderseits aber auch über neue Aufträge. Die Mitarbeitenden der Werkstatt erledigen unter anderem auch gerne Arbeiten in Haus und Garten, Einkäufe oder Umzüge.
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