Chapeau! – für das Schulprojekt Kausana Wasi
«Mit Kindern zu arbeiten ist mein Leben», sagt Franziska Schilliger Almonte, die vor 13 Jahren in Peru eine Schule für Kinder aus schwierigen Verhältnissen gegründet hat. «Es gibt keinen Tag, an dem ich denke: Ich habe keine Lust, hinzugehen.» Doch das Projekt aufzubauen, hat nicht nur viel Geduld gekostet, sondern auch viel Schweiss: Sie und ihr Mann haben beim Bau mitgeholfen, Zimmer für Zimmer. Und sogar ein eigenes Abwassersystem installiert, weil sie nicht an die Wasserversorgung angeschlossen wurden.
Franziska Schilliger Almonte kam nach Peru, als sie 28 Jahre alt war. Ihr Plan: ein Jahr lang in einem sozialen Entwicklungsprojekt zu arbeiten. Und zwar weder in der turbulenten Millionen-Metropole Lima noch in der pittoresken Touristenstadt Cusco, wohin es die meisten Ausländer zieht. Franziska verschlug es nach Camincia, einem kleinen Dorf in der Nähe der Kleinstadt Juliaca, die vor allem für ihr Verkehrschaos und als Umschlagplatz von Waren aller Art bekannt ist. Aus einem Jahr wurden vier, und die Luzernerin aus dem kleinen Dorf Udligenswil lernte Edgar kennen.
Inzwischen sind die beiden seit 18 Jahren verheiratet und führen zusammen die Schule «Kausana Wasi». Übersetzt «Haus des Lebens», ist die Philosophie der kleinen Schule, zusammen zu lernen und den Kindern beizubringen, selbständig zu denken. Das peruanische Schulsystem baut in der Regel auf auswendig lernen und autoritären Strukturen auf. Den Lehrer zu hinterfragen oder zu kritisieren ist unmöglich. «Nicht so bei uns», sagt Franziska. «Wir zeigen den Schülern, dass wir auch Fehler machen können und sie uns darauf hinweisen dürfen. Dann lachen wir zusammen.» Bei Kausana Wasi findet wenig Frontalunterricht statt, dafür mehr Kreatives. Vorträge, Gruppenarbeiten, Theaterspiel. In der Pause setzen sich die Lehrpersonen gemeinsam mit den Schülern auf den Hof und essen ihren Znüni. «Die Kinder sollen sich wohlfühlen und die Schule nicht als Ort erleben, an dem sie sich beweisen müssen.»
Das peruanische Schulsystem dagegen steht vor vielen Herausforderungen. Und das nicht erst seit der Pandemie, als zwei ganze Schuljahre virtuell abgehalten werden mussten und nicht wirklich in Erwägung gezogen wurde, dass der Grossteil der Kinder ausserhalb von Lima weder über einen geeigneten Internetzugang noch über die erforderlichen Geräte wie Tablets oder Laptops verfügten. Und die Kinder, die Kindergarten und Primarschule in «Kausana Wasi» besuchen, kommen aus sozial und finanziell schwierigen Verhältnissen.
Die Familien bezahlen zwar ein Schulgeld – cicra 30 Franken pro Monat –, bekommen aber das gesamte Schulmaterial wie Hefte, Schreibzeug und Bücher gratis zur Verfügung gestellt, so dass die Ausgaben für die Familien insgesamt tiefer sind, als wenn sie ihre Kinder in die öffentliche Schule schicken. Ausserdem ist Kausana Wasi die billigste Privatschule von Juliaca – und wahrscheinlich die speziellste.
Juliaca liegt in den Hochanden zwischen Puno und Sicuani. Die Mehrheit der Bevölkerung ist indigen, doch die offizielle Schulsprache ist Spanisch. Bei der Gründung von Kausana Wasi beantragten Franziska und Edgar, den Unterricht zweisprachig – auf Spanisch und auf Quechua – gestalten zu können. «Wir erhielten die Erlaubnis nicht, da wir keine staatliche Schule sind – doch wir probieren trotzdem, so viel sprachliche und kulturelle Diversität wie möglich einfliessen zu lassen. Unser Ziel ist, dass die Kinder die Wurzeln ihrer Kultur nicht verlieren. Alle unsere Lehrpersonen sprechen entweder Quechua oder Aymara.»
Als sie die Schule 2010 gegründet hatten, lebten Franziska und Edgar mit umgerechnet 50 Franken pro Monat. Das erste Schulzimmer bauten sie mit ihren eigenen Händen auf, genauso wie das Abwassersystem. Bis heute ist das Gebäude, das sich am Stadtrand von Juliaca befindet, nicht an die staatliche Wasserversorgung angeschlossen. Strom hat die Schule erst seit drei Jahren. «Wir haben mit fünf Schülern angefangen, nach drei Jahren waren die Kindergartenplätze so wie die Unterstufe voll besetzt. Heute haben wir insgesamt 185 Schülerinnen und Schülern zwischen vier und zwölf Jahren.» In den 13 Jahren seit der Gründung haben Franziska und Edgar Jahr für Jahr die Schulferien damit verbracht, weiterzubauen: Jedes Jahr ein Zimmer mehr, eine Installation mehr, eine Infrastruktur mehr. «Eigentlich ist es jetzt das erste Jahr, dass ich durch die Schule gehe und an keiner Ecke mehr denke: Ah, hier müssen wir noch etwas installieren, hier fehlt noch eine Treppe, da muss noch gestrichen werden. Endlich ist alles fertig.» Sagt’s, hält kurz inne und lacht dann. «Dafür fallen inzwischen die ersten Reparaturarbeiten an.»
Doch nicht nur für die Kinder ist Kausana Wasi ein sicherer Hafen, sondern auch für die Lehrpersonen. Alle haben einen festen Arbeitsvertrag und eine Krankenversicherung – was in Peru alles andere als selbstverständlich ist. Wir ziehen den Hut vor Franziska und Edgar, die den Mut hatten, ein Bildungsprojekt in einer abgelegenen Gegend aufzubauen, in der sich weder der Staat noch NGOs gross um die Bevölkerung kümmern.
Mehr Infos zur Schule, zu möglicher Mitarbeit und zu Unterstützung auf der Website von Kausana Wasi: https://instutovida.jimdo.com/
von:
- Anmelden oder Registieren um Kommentare verfassen zu können