Stereotype prägen Berufswahl von Mädchen
Wissenschaftler untersuchen Einfluss auf Interessen, Motivation und Geschlechterkluft in den Fächern Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie Technik.
Bereits ab einem Alter von sechs Jahren denken Kinder, dass Mädchen weniger interessiert an Informatik und Ingenieurwissenschaften als Jungen sind. Diese Stereotype begleiten Mädchen bis in das Erwachsenenalter und führen zu Gender Gap – Geschlechterkluft – in technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen, wie eine Studie der University of Houston und der University of Washington in den USA zeigt.
«Im Wissen und Können sind Mädchen mindestens so gut wie Burschen, das wurde in vielen Studien gezeigt. Sie schätzen jedoch ihre Selbstkompetenz meist schlechter ein. Das ist der Effekt von Stereotypen, die den Transfer der eigenen Fähigkeiten in die Selbsteinschätzung verhindern», sagt Lore Funk vom deutschen Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit im Gespräch.
Für die Studie haben die Forscher 2500 Schüler unterschiedlichster ethnischer und soziokultureller Herkunft im Alter von sechs bis 18 Jahren befragt. Anhand einer kleineren Stichprobe wurde in anschliessenden Experimenten zusätzlich der Einfluss von Interessen-Stereotypen auf das Zugehörigkeitsgefühl sowie die Motivation von Mädchen, in Felder wie Informatik oder Ingenieurswesen hineinzuschnuppern, getestet.
«Gründe für diese Stereotype liegen in der bereits frühkindlichen Sozialisierung durch das Elternhaus und die Gesellschaft.»
Die Mehrheit der Kinder glaubte, dass Mädchen weniger interessiert an MINT-Berufsfeldern (Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie Technik) sind als Jungen. Besonders deutlich waren die Ergebnisse bei den Ingenieurwissenschaften mit 63 Prozent, doch auch bei Informatik dachten 51 Prozent der Kinder, dass Mädchen daran weniger interessiert wären als Jungen. Kombiniert wurden die Ergebnisse mit Statistiken des United States Census Bureau. Die Bundesbehörde ist Teil des Handelsministeriums der USA. Danach machten Frauen im Jahr 2019 zwar die Hälfte aller Arbeitskräfte aus, sie waren im Informatikbereich jedoch nur zu 25 Prozent und im Ingenieurbereich lediglich zu 15 Prozent vertreten.
«Gründe für diese Stereotype liegen in der bereits frühkindlichen Sozialisierung durch das Elternhaus und die Gesellschaft. Der unterschiedliche Umgang mit Jungen und Mädchen ist der Keim für spätere Interessen, Einschätzung der Fähigkeiten und Selbstkompetenz. Es gilt daher möglichst früh mit gendersensibler Didaktik anzusetzen und gemeinsam mit Kindern über ihre Interessen und Stärken, sowie Stereotype zu reflektieren», erklärt Funk.
Die Ergebnisse sind zufolge der Forscher ausserdem wichtig, da Mädchen durch internalisierte Stereotype langfristig auch die Chance auf lukrative Karrieren mit einem hohen Mass an Einfluss auf das tägliche Leben verpassen. «Projekte wie der deutsche Girls Day oder der österreichische Töchtertag sind ausgezeichnet auf der Metaebene. Insgesamt ist es jedoch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die traditionelle Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern zu verschieben», so Funk.
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