Zeitpunkt-Apéro in Kloten: Können wir Debatte neu lernen?

Am 5. Mai lud der Zeitpunkt erstmals seit über einem Jahr wieder zu einem Apéro ein. Die Stadthalle von Kloten war ausverkauft; 600 Menschen erlebten einen lebendigen und bereichernden Abend – mit den Hauptgästen Kayvan Soufi-Siavash, Matthias Bröckers, Philipp Gut – aber vor allem einem ganzen Saal voll brummender Aktivität und Interesse.

Ein voller Saal in aufgewachter Stimmung – das war der Zeitpunkt-Apero vom 5. Mai mit 600 gut gelaunten Gästen. (Alle Fotos: ©Christian Rüegg)

«Hoffentlich sind Sie nicht nur wegen der prominenten Namen gekommen.» Diese Hoffnung drückte Veranstalter Christoph Pfluger gleich zu Anfang aus. Sei es doch der Austausch untereinander, der die Zeitpunkt-Apéros so wertvoll mache. Das Erkennen, dass es doch noch viele Menschen gibt, die den Mut haben, selbst zu denken, und sich darüber austauschen wollen. Dies hatte vielen lange gefehlt.

Es gehe darum, so hatte es in der Einladung geheissen, wieder miteinander reden zu lernen. Eine Debatte auch dann sachlich zu führen, wenn man abweichende Meinungen hat. Denn das ging verloren in den letzten Jahren – den Debatten rund um Corona, den Ukraine-Krieg und das Klima fehlen Sachlichkeit, Vielfalt und gegenseitiger Respekt. Und – wenn die andere Seite nicht mitmache – mit uns anzufangen. 

Ausserdem war ja lange wieder ein Zeitpunkt-Apéro fällig. Dass dann so kurzfristig und in einen so grossen Saal eingeladen wurde, lag an Kayvan Soufi-Siavash. Der deutsche Journalist, lange unter dem Künstlernamen Ken Jebsen bekannt, der seit seiner Verfolgung während der Corona-Zeiten zurückgezogen in Schweden lebt, hatte im April in einem Telefonat mit Christoph Pfluger gesagt: «Für dich würde ich auch in die Schweiz kommen.»

Der Zeitpunkt-Herausgeber nahm ihn beim Wort und legte gleich einen Termin fest. Er wollte keinesfalls den Fehler wiederholen, einen zu kleinen Raum zu mieten. Gebremst durch einen gesundheitlichen Zwischenfall wurde dann die verbleibende Zeitspanne für die Werbung gefährlich kurz. Doch es gelang mit Bravour: Innerhalb von etwas mehr als einer Woche war der Saal ausverkauft. Ein wunderbarer Hinweis darauf, wie fruchtbar der «Acker» ist, den der Zeitpunkt bestellt!

Im Aufbau blieb der Zeitpunkt-Apéro sich treu: Nach Pflugers kurzer Willkommensrede gab es die Elevator Pitches – eine offene Bühne für vielfältigste Initiativen aus der ganzen Schweiz.
Da gab es z.B. Aufrecht Schweiz mit Urs Hans und Remko Leimbach, der hier ausführlicher zu Wort kommt.
Sabine Kapfer stellte das Mutterland Grasswil vor – ein Paradiesgarten für Stille, Schönheit und das Erfahren von Selbstheilungskräften.
Oder Richard Koller von der Freiheitlichen Bewegung Schweiz: Er sprach über die Bargeld-Initiative – und wie wichtig es ist, unser Recht, bar zu bezahlen, auch wahrzunehmen: «Wenn die Barzahlungsrate längere Zeit auf unter 30% fällt, dann werden wir diese Möglichkeit verlieren. Der Zwang zu digitalisiertem Geld bedeutet letztlich Kontrolle.» Für mich als Nicht-Schweizerin war es eindrucksvoll zu erleben, wie das Instrument des Volksentscheid genutzt wird, um über Dinge zu informieren, die die meisten Medien verschweigen.

Nach einer ausgiebigen Pause für weiteres Netzwerken und Austausch begann der zweite Teil. Und zwar mit einem Vortrag von Kayvan Soufi-Siavash. Unter seinem Künstlernamen Ken Jebsen wurde er zur Symbolfigur für die Macht von, aber auch den Kampf gegen alternative Medien. Er sprach zunächst über seinen Werdegang vom gefeierten Radiomoderator zum Betreiber alternativer Medien mit immenser Reichweite – bis zu seiner Verfolgung als Verschwörungstheoretiker durch den Verfassungsschutz und Medienbehörden und seinen Umzug nach Schweden. Damals hatte er sich mit den Worten verabschiedet: «Hört auf, uns zuzuhören. Macht endlich was.» 

Demokratie funktioniert nur mit Widerspruch. Wenn du der klügste in einem Raum bist, dann bist du falsch hier.

Jetzt sagte er: «Jeder macht was. Aber die meisten sind zu bescheiden, um darüber zu sprechen. Die Welt sieht so aus, wie sie aussieht, weil die vielen, die etwas Gutes machen, zu still sind. Mit ihnen will ich ins Gespräch kommen. Investigativer Journalismus, der die Hintergründe der Politik aufdeckt, ist wichtig. Noch wichtiger ist es aber, die Saaten der Hoffnung zu erkennen.» Aus der Angst müsse Vertrauen werden. Aus dem Ich ein Wir. «Denn die Idee zum grossen Wandel werden wir nur zusammen haben, keiner allein.»

Auch um Selbsterkenntnis und Spiritualität soll es gehen. «Die wichtigsten Themen liegen im Inneren. Das ist auch politisch wichtig. Denn die Mächtigen spielen nur so lange auf unserer inneren Klaviatur, solange wir nicht wissen, dass es sie gibt.» 

Kayan Soufi-Siavash steht vor der Gründung von «soufisticated», einem neuen Medienformat. «Es geht nicht mehr nur darum, zu informieren, sondern zu motivieren. Denn nicht nur der Kopf, sondern die Seele braucht Nahrung.»

Der Rede folgte dann der abschliessende Höhepunkt: Die Debatte. Der Versuch, wieder ins Gespräch zu kommen. Das Thema war durch die Besetzung des Panels bereits vorgegeben: «Medien, Freiheit und Propaganda». Neben Kayan Soufi-Siavash waren dabei Matthias Bröckers, Berliner Journalist und (u.a.) Zeitpunkt-Autor, Philip Gut, streitbarer Schweizer Publizist (Weltwoche) und Autor, sowie Christoph Pfluger. 

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich betrachte den Versuch – trotz aller Unterhaltsamkeit, hohem Informationsgrad und beeindruckendem Engagement der einzelnen Teilnehmer – als misslungen. Oder sagen wir vielleicht diplomatischer: Es war das, wozu wir im Moment in der Lage sind, wenn Menschen, die unglaublich viel riskiert und gegeben haben, zusammenkommen. 

Aber ein wirkliches Gespräch, wie ich es mir wünsche – voller gegenseitiger Neugier, Nachfragen, Widersprechen, sich selbst in Frage stellen, dazulernen – wollte nicht zustande kommen. Als hätten wir wirklich vergessen, wie das geht. 

Woran lag es? Dass keine Frauen zu diesem Thema gefunden wurden – nicht schön, aber geschenkt (eine Quotenfrau bessert die Gesprächsqualität eher selten). Dass kein Moderator das Gespräch lenkte – nun, das könnte auch ein Versuch sein, eine alternative Gesprächsform, ein echtes Miteinander zu erzeugen. Aber vor allem fehlte das, was ich generell heutzutage in vielen Debatten vermisse: Meinungsvielfalt, Aufeinander eingehen, der Mut, strittige Stellen anzusprechen, und der Mut, sich selbst auch einmal aus der Komfortzone hinaus in die Lernzone zu begeben. 

Christoph Pfluger in einer Art Doppelfunktion als Moderator und Gesprächsteilnehmer versuchte mehrmals, Impulse zu setzen. Matthias Bröckers, der auch ein Buch über Ken Jebsen geschrieben hatte, ging auch ein wenig darauf ein. Aber es schien, dass vor allem Dr. Philip Gut und Kayan Soufi-Siavash im Wesentlichen darum ging, ihre Botschaft rüberzubringen. Diese war zugegeben beeindruckend, bei beiden. Trotzdem habe ich am Ende genau das vermisst, was Kayan noch einmal so formulierte: «Demokratie funktioniert nur mit Widerspruch. Wenn du der klügste in einem Raum bist, dann bist du falsch hier.» 

Dennoch – ein Abend, der sich gelohnt hat, trotz in meinem Fall extrem langer Anreise. Ich freue mich auf weitere Themen.

Impressionen

Zentral bei jedem Zeitpunkt-Apero: eine Stunde für Vernetzung und Verpflegung.

 

Man trifft Freunde, die man noch nicht gekannt hat.

 

Freude herrscht: Alle Gäste erhielten den neusten Zeitpunkt.

 

Lieder wie Heu hat der Thurgauer Klaus Estermann. 

 

Kayvan Soufi-Siavash, der Hauptreferent des Abends, stellt sein neues Pourtal «soufisticated» vor.

 

Das Panel zum Thema «Propaganda und Freiheit»: v.l.n.r.: Christoph Pfluger, Philipp Gut, Mathias Bröckers und Kayvan Soufi-Siavash

 

Sabine Kapfer, Gründerin des Mutterlandes.

 

Will als Ntionalrat konstruktiven Widerstand gegen staatliche Übergriffe leisten: Remko Leimbach (aufrecht Zürich) im Gespräch mit Christoph Pfluger.

 

Richard Koller (rechts, freiheitliche Bewegung Schweiz) erklärt die Notwendigkeit der Bargeld-Initiative.

 

Am Rand und doch im Zentrum: Linda Biedermann am Büchertisch.

 

Und bereits rückt der Zeitpunkt für den nächsten Apero näher …

 

 

Kommentare

aus der Komfortzone hinaus bewegen

von FILLIDAN
Dialoge mit Personen, die von den Mainstreammedien und der Politik gehirngewaschen sind, kann es nur Dialoge wie mit kleinen unwissenden und unverantwortlichen Kindern oder mit Betrunkenen geben. Denjenigen Person zu vergeben, die sich der Vernunft und Selbst-Verantwortung während der Corona-Zeit zu unserem Leid und Schaden vehement und beharrlich verwehrt haben, "um" mit ihnen in einen Dialog gehen zu können der Verbindung bewirkt, scheint mir eine problematische Herangehensweise zu sein, um die entstandene Trennung aufzuheben. Einfach nur zu vergeben, ohne mit einem sinnvollen Dialog zu rechnen, erscheint mir angebrachter. Mit solchen Bemühungen kann die durch Mainstream-Medien verursachte Gehirnwäsche und die Autoritätsgläubigkeit (Selbstverlorenheit) nicht durchdrungen oder aufgehoben werden. Die Korruption der Medien, der Regierung, und der Politiker ist machtvoll. Sie wird weiterbestehen und diese Menschen dorthin führen, wo sie deren Macht dienen. Da hat Vergebungsarbeit nur das Ergebnis, nachzugeben, verständig zu sein und aufzugeben. Es braucht einen Dialog nach Mass, um die wenigen starken Personen zu finden, die heutzutage zu selbständigem Denken fähig sein könnten. Nur diese Fähigkeit bei den zu kontaktierenden Personen, gepaart mit eigenen ausgebildeten Werten wie Vernunft, Sinn, Ehrlichkeit, Ethik, Integrität, liebevolle Verbundenheit und die Anlage zu selbständigem Denken, ermöglicht mir eine echte Vergebung, ohne dadurch ins Hintertreffen zu geraten. Bei einem Anfangsdialog sollte demzufolge eine Ergebnis-Orientiertheit stehen, welche man durch einen harmlosen Dialog bewerkstelligen könnte, um in einen sinnvollen Dialog einschwenken zu können.