Künstler vor dem Ruin – die Krise in der Krise

«Es kommt der Bund, verbietet mir zu spielen, aber lässt mich dann im Regen stehen», sagt ein Musiker. Die Situation für Kulturschaffende ist dramatisch. Viele stehen kurz davor, zum Sozialamt gehen zu müssen. Wie weiter? Wer hilft der Kulturbranche wieder auf die Beine? Künstler sind vom Bundesrat enttäuscht.

Die Kulturszene steht unter Schock: Keine Konzerte, kein Publikum, keine Arbeit. / pixabay

Wie Zeitpunkt.ch bereits Anfang Mai berichtete, stehen Kunstschaffende wegen der Coronakrise vor dem finanziellen Ende. Obwohl der Bundesrat von deren prekären Lage weiss, teilte er am 20. Mai mit, dass ab Ende Mai Selbständige und Inhaber von KMUs kein Geld mehr bekommen. Dies, obwohl zugesagt war, dass die Kurzarbeitsentschädigung bis Ende August läuft. Besonders betroffen sind Musikerinnen und Musiker sowie Angestellte in der Kultur- und Event-Branche.

Tausenden droht nun der Konkurs oder der Gang zum Sozialamt. Zum Einen, weil die meisten Firmenanlässe, Konzerte und Openairs bis Ende Jahr abgesagt sind. Zum Anderen, weil kein Ende der Krise in dieser Branche in Sicht ist, weswegen Neues kaum geplant werden kann. Die Politik ist dazu aufgerufen, rasch eine Kehrtwendung zu nehmen und Kunstschaffende und KMUs, die durch die Maschen fallen und unverschuldet vor dem Ruin stehen, finanziell zu unterstützen.

«Der Bundesrat schickt uns Künstler in den Konkurs», sagt Musikerin und Stimmcoacherin Birgit Ellmerer aus Bern. Auch der Jazzsängerin wurden alle Konzerte abgesagt. «Es ist ein Desaster.» Als der Lockdown losgegangen sei, so die 54-Jährige, habe der Bundesrat in einer Pressekonferenz versichert, dass niemand leiden müsse und allen geholfen werde, dass Verdienstausfälle gedeckt würden. Ellmerer: «Kulturschaffende sind nichts anderes als Kleinunternehmer. Wir sind ein Teil der Schweizer Wirtschaft, und zahlen Steuern. Wir haben daher genauso ein Recht auf Soforthilfe.»

Seit sich abzeichnete, dass die Aussichten für Selbstständige und KMUs schlecht sind, kämpft Ellmerer über Medien und Sozialmedien um Hilfe von Seiten der Regierung. Immer wieder ruft sie auf und appelliert an die Politiker. Sie ist enttäuscht, wie mit Kunstschaffenden und Selbstständigen in der Schweiz umgegangen wird. In einem Video legte sie Anfang Mai ihre Situation dar:

 

Veranstaltungstipp – ein Podiumsgespräch

Im (Online-)Salon soll aus aktuellem Anlass diesen kommenden Donnerstag, 25. Juni, um 19 Uhr, in einem Podiumsgespräch über «Wie reagiert die Politik auf die Ausnahme-Situation von Kulturschaffenden – und wie reagieren diese auf die Situation?» diskutiert werden. Dazu treffen sich Nicole Pfister-Fetz, Geschäftsführerin Autor/innenverband AdS und Präsidentin Suisseculture Sociale, Künstlerin Sandra Knecht und FDP-Ständerat Ruedi Noser aus Zürich sowie Republik-Redakor Daniel Binswanger im Literaturhaus Zürich.

Das Gespräch wird als Live-Stream übertragen und findet ohne Publikum statt. Den Link finden sie vor der Veranstaltung hier 
(http://www.literaturhaus.ch/literaturhaus/veranstaltungen/literatur-apotheke-freischaffende-und-die-krise). Publikumsfragen können via Chat auf Youtube-Kanal gestellt werden.