Ein beseelter Ort für Wein und gelebte Kultur

In der Weinhandlung «Küferweg» im aargauischen Seon bietet die Familie Schamberger biozertifizierte und vegane Weine an und erzählt deren Geschichten. Die leidenschaftliche Zuwendung zum Wein macht allerdings nur einen Teil des Familienlebens aus. Im Kulturlokal «Konservi» organisieren die Schambergers wöchentlich Konzerte und tragen damit zur gelebten Kultur bei.

Ariane, Markus und Santemi Schamberger (von links) / zvg

Sorgfältig ausgesuchte Trauben aus europäischen Weinbauregionen finden sich in den Regalen der Weinhandlung von Ariane und Markus Schamberger. Denn Wein ist ihre Spezialität. Besonderen Wert legen sie auf die Zusammenarbeit und den persönlichen Kontakt mit den Produzentinnen und Produzenten, die beim Rebbau auf den Schutz und die Vielfalt der Natur achten und den Wein auf ursprüngliche Art herstellen. Auch die Tochter Santemi arbeitet als kaufmännische Allrounderin im Betrieb mit.

Doch der Wein steht für die Familie Schamberger gar nicht im Mittelpunkt – er ist nur Teil einer kunstschaffenden Lebensart, mit Herzlichkeit und Seele. Wohl deshalb haben die Schambergers einen einzigartigen Blick für das Besondere. Das fällt auch an der aussergewöhnlich liebevollen Präsentation der Weine auf. Die Schambergers kennen jeden einzelnen der Weinproduzenten. Gemeinsam mit Fotografen erzählen sie deren Geschichten und veröffentlichen das alles auch in gedruckter Form: in einem bebilderten Weinbuch, das alle zwei Jahre erscheint, und in der fünfmal jährlich herausgegebenen Zeitschrift «Küferweg-Presse».

Wegen der Coronakrise, an der besonders die Gastronomie zu leiden hat, sind auch beim Küferweg die Umsätze eingebrochen. Wieso also nicht ein paar gute, erlesene Tropfen in dieser Weinhandlung einkaufen und etwa verschenken? Nicht nur, dass es gerade zur Weihnachts- und Neujahrszeit eine sehr gute Idee ist. Sondern man unterstützt damit auch ein Geschäft, das mit viel Liebe die Produkte auswählt und anbietet. Wer nicht selbst nach Seon fahren will, kann im Onlineshop auch bequem von zu Hause aus bestellen.
 


 

Bis auf wenige Ausnahmen sind alle 53 Weingüter, die den Küferweg beliefern, biozertifiziert. Rund achtzig Prozent des grossen Weinsortimentes sind sogar vegan. Was viele nicht wissen: Seit Jahrhunderten werden tierische Proteine aus Eiklar und seltener auch aus Proteinen der Fischblase, aus Gelatine oder Magermilch verwendet. Der Grund: Die Proteine binden die Trübstoffe und diese setzen sich am Boden des Fasses oder Tanks ab. Der Vorgang wird auch «Trübung» oder «Schönung» genannt. Die Schambergers beweisen, dass dies für guten Wein nicht nötig ist und dass echte Kultur auch bedeutet, ein Bewusstsein für die Natur zu haben und pflegen.


 

Alles begann im Jahr 1986, als die Weinhandlung am gleichnamigen Küferweg in Obfelden im Kanton Zürich von Heiner Stolz gegründet wurde. Schon damals war die Art der Präsentation etwas Besonderes. Und schon damals liess Stolz die Geschichten hinter den Weinen sichtbar werden, als Autor, als Fotograf und als Gestalter. Es dauerte nicht lange und die Weinhandlung am Küferweg gehörte zu den hundert grössten in der Schweiz. Neunzehn Jahre nach der Gründung übernahmen Markus und Ariane Schamberger das Geschäft in Obfelden. Als sich dann auf dem Areal der ehemaligen Konservenfabrik im aargauischen Seon 2011 die Möglichkeit ergab, Weinhandlung und Lager zusammenzuführen, zögerten sie nicht lange. Und sechs Jahre später konnten sie ausserdem einen Ausbau mit einem klimatisierten und ebenerdigen Lager realisieren.
 


 

Kulturelle Veranstaltungen am Küferweg organisierten die Schambergers seit eh und je. Aber mit der Eröffnung des «Konservi» im selben Gebäude wurde die Verbindung zwischen Wein und Kultur ausgebaut. Guter Wein, gutes Essen und gute Konzerte bringen dort Menschen zusammen. Jeweils am Freitag finden in der Konservi kulturelle Veranstaltungen statt. Viele Künstler mit berühmten Namen sind hier schon aufgetreten: Sina, Gardi Hutter, Chico Freeman, Luka Bloom, Känzig&Känzig, Heidi Happy, Franz Hohler – um nur einige zu nennen. Aber Markus Schamberger präzisiert: «Alles, was wir hier machen, ob im Küferweg oder in der Konservi, hat mit Mainstream nichts zu tun.» Viel wichtiger sei ihnen die persönliche Beziehung zu den Künstlern wie auch zu den Weinproduzenten. «Ich muss die Menschen kennen und sie müssen zu uns passen», erklärt er. Beseelte und verbindende Kultur eben – nicht einfach nur Konsum. Das Konservi kann auch für private Feiern gemietet werden.
 


 

Kultur gemeinschaftlich zu leben, ist etwas, das es in der Coronakrise besonders braucht und das die schwierige Zeit für ein paar Stunden vergessen lässt. «Wir lieben Kunstschaffende, wir lieben ihren Ausdruck, deshalb machen wir es auch. Den KünstlerInnen geht es sehr schlecht. Einnahmen und Buchungen sind für ein ganzes Jahr weggefallen, so auch die Perspektiven. Im Kanton Aargau dürfen wir noch fünfzig Gäste einladen, im Kanton Bern hingegen sind nur noch 15 möglich», erklärt Schamberger. Auf die Frage nach dem Unterstützungsangebot des Bundes sagt er: «Da ist etwas Fieses drin. Denn nur, wenn die Betriebe ganz zumachen müssen, fliesst das Geld vom Bund. Aber mit nur fünfzig Gästen ist eine wirtschaftliche Veranstaltung gar nicht mehr möglich.» Und doch laden die Schambergers weiterhin zu Kulturanlässen in die Konservi ein. Weil sie und ihre Gäste Wein und Kultur lieben – und das wird auch in Zukunft so bleiben.