Der Gift-Export
Das Mercosur-Freihandelsabkommen soll den billigen Import von Fleisch und Soja ermöglichen, aber auch den Export von Pestiziden, die auf Grund ihrer Toxizität in Europa verboten sind.
Sowohl die EU als auch die EFTA-Staaten (Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island) verhandeln seit längerem über das Mercosur-Freihandelsabkommen, welches unter anderem den Import von Soja, Fleisch und anderen landwirtschaftlichen Produkten von Zöllen befreien und so billiger machen soll. Dies hat auch deshalb zu grosser Kritik geführt, weil für die Produktion von Fleisch und Soja in Ländern wie Brasilien und Bolivien Regenwälder im grossen Stil abgeholzt werden, und durch die Senkung der Preise die Nachfrage noch ansteigen dürfte.
Doch auch im Zusammenhang mit der Pestizid-Thematik ist das Handelsabkommen höchst problematisch. Dieses sieht nämlich die Zollbefreiung für Agrarchemikalien in die vier Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay vor.
Ein neuer Report von Greenpeace Deutschland zeigt auf, welche Auswirkungen das Abkommen auf die Umwelt sowie auf die lokale Bevölkerung in den betroffenen Ländern hätte. 70 Prozent der in Brasilien eingesetzten Pestizide seien als hochgefährlich eingestuft worden, weil sie erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit, Tiere oder die Umwelt mit sich bringen können. Dennoch erlauben Deutschland und andere europäische Staaten den Export giftiger Pestizide – die Wirtschaft lässt grüssen. «Was für die heimischen Felder und Äcker zu giftig ist, wird ins Ausland verlagert», konstatiert Greenpeace.
Insgesamt wurden 2019 Pestizide im Wert von mindestens 915 Millionen Euro aus 16 EU-Staaten in die Mercosur-Staaten exportiert. Wie wir auch aus der aktuellen Debatte in der Schweiz wissen, hat der Einsatz von Pestiziden fatale gesundheitliche Folgen. Gemäss Greenpeace erkranken weltweit mehr als 20 Prozent der in der Landwirtschaft tätigen Menschen an einer akuten Pestizidvergiftung – jedes Jahr. Doch die Auslagerung der Gifte hat auch einen Boomerang-Effekt: Durch den Import von landwirtschaftlichen Produkten – der durch das Mercosur-Abkommen begünstigt wird –, gelangen die Pestizidrückstände auch wieder auf unsere Teller.
Die Schweiz hat die Verhandlungen über das Abkommen laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) bereits abgeschlossen. Zurzeit läuft die rechtliche Prüfung des Abkommenstextes, danach soll der Vertrag unterschrieben werden. «Das Mercosur-Abkommen hat eine grosse wirtschaftliche Bedeutung für die Schweiz», betont das SECO. «Um Wachstum und somit Wohlstand garantieren zu können, ist der Zugang zu anderen Märkten für unsere Unternehmen und damit für Schweizer Arbeitsplätze überlebenswichtig. Das Abkommen ermöglicht Zolleinsparungen von bis zu 180 Millionen Franken pro Jahr. Das ist neben den Abkommen mit der EU und mit China das grösste Zolleinsparungspotential aller Schweizer Freihandelsabkommen.»
Mit anderen Worten: Einmal mehr wird der wirtschaftliche Wachstum über Umweltschutz und Menschenrechte gestellt.
von:
- Anmelden oder Registieren um Kommentare verfassen zu können