Daniel Koch verrät an der Filmpremiere von «unerhört» ein brisantes Geheimnis: seine Pandemieprognose vom Frühjahr. Aber er informierte nur diejenigen, die «es absolut wissen mussten». Die Bevölkerung gehörte nicht dazu.

Daniel Koch im Gespräch mit Reto Brennwwald nach der Premiere des Films «unerhört» vom 23. Oktober 2020 in Zürich (Screenshot)

Kochs bemerkenswerte Aussage war der Knaller eines Abends, der eigentlich jemand anderem gehörte: Reto Brennwald, dessen Film „unerhört“ gestern in Zürich vor tausend begeisterten Zuschauern Premiere feierte.

Zwei standing ovations für einen Film – wer kann sich an so etwas erinnern? Der Applaus galt nicht nur dem Film und seinem Schöpfer, sondern den vielen mutigen Menschen, die in ihm endlich zu Wort kamen: Ärzte und Laien, Mutige und Folgsame, Aufmüpfige und still vor sich hin Leidende.

Der Film gibt diesen Menschen, die von den Mainstream-Medien mit ziemlich üblen Bezeichnungen eingedeckt werden, endlich eine Stimme. Und man erkennt: Es sind vernünftige, einfühlsame und verantwortungsvolle Menschen, einige mit vertieften wissenschaftlichen Erkenntnissen, andere mit praktischen ärztlichen Erfahrungen, manche mit erschütternden Erlebnissen, aber alle mit einem gesunden Misstrauen in eine Politik, die eine Pandemie zu bekämpfen vorgibt, deren Sterblichkeit unter der einer schweren Grippe liegt.

Daniel Koch über seine Prognose: „Sie war vor allem richtig.“

Dies war offenbar auch „Mister Corona“ Daniel Koch schon froh bewusst, wie er in der anschliessenden Podiumsdiskussion sagte (ab 1:35:00 im unterstehenden Video). Er hätte zwar nie Hochrechnungen gemacht – obwohl er sich offensichtlich von ihnen leiten liess. Aber er hätte schon früh für sich eine Prognose gemacht, sagte er. Brennwald: „Aber sie war total harmlos.“ Koch: „Aber sie war vor allem richtig.“

Koch war überzeugt, dass der Höhepunkt der Pandemie an Ostern erreicht werde und dass sie an Pfingsten vorbei sei. Nur: Über diese Prognose informierte er nur diejenigen, die „es absolut wissen mussten“, die Leute vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Der Bundesrat musste es offenbar nicht wissen und die Bevölkerung schon gar nicht.
Wirklich richtig war Kochs Prognose trotz allem nicht. Der Höhepunkt der Ansteckungen wurde ein paar Tage vor dem Lockdown erreicht.

Abgesehen von diesem Höhepunkt blieb die Diskussion nach dem Film, ein Kernanliegen der Veranstalter vom Corona-Dialog, allerdings unter den Erwartungen. Das lag einerseits an der Präsenz von Daniel Koch, um dessen Themen sich das Gespräch drehte und der gefühlt die Hälfte der Redezeit des fünfköpfigen Podiums beanspruchte und immer wieder mit unschönen Zwischenrufen unterbrochen wurde. Zudem ist er ja seit dem Juni nicht mehr im Amt und konnte die Verantwortung für das aktuelle Pandemiemanagement mit guten Gründen weiterreichen. Solche Debatten müssten mit Leuten geführt werden, die aktuell in der Verantwortung stehen.

Die Mängel der Diskussion lagen aber auch daran, dass man nach sechs Monaten schwer verständlicher Massnahmen und fast kompletter Dialogverweigerung gar noch nicht wirklich miteinander sprechen kann. Die hitzigen Voten aus dem Publikum und die vielen Zwischenrufe zeigten es: Zuerst braucht es eine „Chropflärete“.

Bemerkenswert war auch die Aussage von Daniel Koch, dass die wissenschaftliche Diskussion zur Corona-Pandemie nicht in der Öffentlichkeit stattfinden könne, da sie nicht verständlich sei (ab 1:23:15). Aber: Die Ergebnisse des wissenschaftlichen Diskurses sind in höchstem Mass öffentlichkeitswirksam. Und: Der Bildungsstand in der Schweiz ist hoch. Fast jeder zweite Zürcher ist Akademiker.

Wie realistisch das Ziel der Veranstalter rund um den Unternehmer Michel Bronner aus dem Zürcher Oberland ist, wird sich weisen. Sie wollen mit dem Film auf Tournee gehen und endlich das Gespräch in der Gesellschaft in Gang bringen. Vielleicht ist die Spaltung schon zu weit fortgeschritten, als dass sie allein von der Minderheit überwunden werden kann. Dialog braucht den Willen zum Gespräch von beiden Seiten. Wenn der Saal nur mit Corona-Skeptikern gefüllt sei, habe der Corona-Dialog sein Ziel nicht erreicht, sagte Michel Bronner im Vorfeld. Aber genauso kam es heraus.

So gesehen, war der Abend ein Misserfolg. Aber für die allermeisten der Besucher war es eine Art Offenbarung: Ja, es gibt eine andere Sicht, und ihre Protagonisten sind überzeugende Persönlichkeiten. Man hat sie bis jetzt einfach nicht gehört. Das kann sich jetzt ändern – dank „unerhört“

Veranstalter: https://coronadialog.ch

Podiumsdiskussion nach der Premiere:
 

 

«unerhört» kostenlos auf Vimeo anschauen:

 

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Christoph Pfluger

Submitted by admin on Do, 07/13/2017 - 08:33

Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".

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