3 Fragen an Unternehmensberaterin Karin Fuchs-Häseli

Dass etwas ändern muss, wenn es um Produktion, Wirtschaft, Umwelt, ums System geht, das ist seit einer Weile klar. Mit der Coronakrise ist dies noch sichtbarer und weiteren Teilen der Gesellschaft bewusst geworden. Die 55-jährige Karin Fuchs-Häseli aus Zürich setzt sich aktiv bereits seit einigen Jahren für einen wirtschaftlichen Wandel ein. Sie ist Unternehmensberaterin im Bereich «Business im Einklang mit der Natur» sowie Mitbegründerin und Präsidentin der «SunHeart Business Leaders», dem ersten Schweizer Business Netzwerk für ethische und nachhaltige Kleinunternehmen. Für sie steht ausser Frage, dass künftig nur noch Firmen überleben, die nachhaltig und im Sinne des «Wohls des Ganzen» wirtschaften werden.

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Zeitpunkt: Heute gilt für alles: optimieren. Für Unternehmen galt das schon immer, sie müssen stets wachsen. Sehen Sie dazu eine Alternative?

Karin Fuchs-Häseli: Das Paradigma, dass ein Unternehmen stets wachsen muss, ist in sich schon falsch und widerspricht allen Regeln der Natur. Die Natur begrenzt stets äusseres Wachstum. Jedes Lebewesen, egal ob Pflanze, Tier oder Mensch, ist physisch irgendwann einmal ausgewachsen, oder eben «erwachsen». Ein Baum wächst, bis er unter den gegebenen Umständen und entsprechend seinem Umfeld seine individuelle Grösse und Stärke erreicht hat, um für das Ganze seinen optimalen Beitrag zu leisten. Er weiss, dass er Teil einer grösseren Symbiose ist, zum Beispiel des Waldes, den es gesund zu erhalten gilt. Er würde sich auch nicht übereilen, möglichst schnell zu wachsen oder möglichst schnell viele Früchte hervorzubringen. Er wird sich Zeit nehmen, sein Wurzelwerk aufzubauen, damit er einem Sturm standhalten kann, und er wird warten, bis seine Äste stark genug sind, um unter der Last der Früchte nicht zu brechen. Die Alternative ist also von der Natur zu lernen und es ihr gleichzutun. Sich zu fragen, wie gross und stark müssen wir als Firma wirklich werden, um der Wirtschaft und der Gesellschaft als Ganzes einen möglichst wertvollen Dienst zu erweisen.

Unser System ist der Kapitalismus, die «Grossen» dominieren die Welt. Kleine verschwinden. Bitte, widersprechen Sie mir.

Unser heutiges System zeigt, wie weit wir uns von einer natürlichen Ordnung entfernt haben. In einer natürlichen Hierarchie gehört die Führung oder Herrschaft dem Heiligsten. Das Wort Hierarchie stammt ja aus dem Altgriechischen, «hiero» bedeutet heilig und «archē» Führung oder Herrschaft. Der «Heiligste» ist jeweils der oder die, welche(r) dem Ganzen am meisten dient, der die Verbundenheit allen Lebens erkennt und seine eigenen Bedürfnisse zu Gunsten des Heils oder Wohls des Ganzen hintenanstellt. Es spielt also keine Rolle, wie gross ein Unternehmen ist, welche Anzahl Mitarbeitende oder Börsenkapitalisierung die Firma hat, sondern wie «heilig» oder ganzheitlich die Unternehmensführung ausgerichtet ist. Es ist alles eine Frage des Bewusstseins.

Heutzutage sollen Unternehmen nachhaltig wirtschaften. Kann man das als gewinnbringendes Unternehmen?

Wenn einem Gewinn wichtig ist – und es ist wichtig, dass unsere Unternehmen profitabel sind, muss man nicht nur nachhaltig, sondern vor allem auch ethisch wirtschaften. Es geht nicht einfach um einen «physischen» Nachweis der Nachhaltigkeit. Es geht in erster Linie darum, mit welcher Wertehaltung oder Motivation ein Unternehmen sich der Nachhaltigkeit verpflichtet, ob der Wunsch zur Nachhaltigkeit wirklich aus dem tiefen Bedürfnis entspringt, etwas zum Guten in der Welt beizutragen. Das macht die Qualität aus. Entsprechende Unternehmen, egal ob gross oder klein, werden in Zukunft die Gewinner sein. Und wir werden Gewinn neu definieren. Es wird hauptsächlich um den positiven Impact gehen. Finanzieller Erfolg ist dann eine natürliche Folge davon, schon deswegen, weil die Kunden solche Unternehmen bevorzugen. Kurzum: Irgendwann werden Unternehmen, die nicht ethisch und nachhaltig wirtschaften, keine Chance mehr haben zu überleben.

Wir werden in den nächsten Jahren eine (R)Evolution des Bewusstseins erleben – weg von egozentrischen Motiven hin zu einer Ausrichtung auf das Wohl des Ganzen. Eine neue Generation von Führungsverantwortlichen wächst heran. Diese werden die Firmen «im Einklang mit der Natur» führen und Innovationen fördern, die echte Lösungen für die Probleme bereitstellen, die wir uns aufgrund von Gier und anderen niedrigen Beweggründen geschaffen haben. Circular Economy – Kreislaufwirtschaft – wird dabei eine wichtige Rolle spielen.


www.businessart-consulting.ch.

 

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Der Zeitpunkt berichtete bereits über «SunHeart Business Leaders», dem ersten Schweizer Business Netzwerk für ethische und nachhaltige Kleinunternehmen. Zu lesen: hier.