3 Lebensfragen an Prisca Würgler

Den Staat abschaffen und die Hoheit über die freie Entscheidung einführen. Das würde die in Uri wohnhafte Lehrerin, Künstlerin und Graswurzlerin sofort machen, wenn sie die Schweiz regieren dürfte. Man möge ihr das Zepter geben! Im Rahmen unserer Rubrik «3 Lebensfragen» erzählt uns die 41-jährige Prisca Würgler, die im Thurgau in einem Dorf mit mehr Kühen als Einwohner aufgewachsen ist, mehr über die richtungsweisenden Momente in ihrem Leben.

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Zeitpunkt: Welcher Moment hat Ihr Leben in eine andere Richtung geführt? Ein Wendepunkt?

Prisca Würgler: Mein Leben ist durchzogen von Wendepunkten. Das habe ich meiner Begeisterungsfähigkeit und einem breiten Interesse zu verdanken. Als Jugendliche kam mir meine Vielseitigkeit als Behinderung vor, um Entscheidungen zu treffen. Nun erlebe ich sie als Reichtum. Nach dem Lehrerseminar besuchte ich die Kunstgewerbeschule, dann 15 Sommer lang die Alp als Käserin. Schliesslich entschied ich mich erneut mit Überzeugung fürs Unterrichten. Aber nach drei Jahren überfiel uns im Pädagogikalltag das Gesundheitsdiktat: Abstand, Maske und Impfen. Ohne mich – denn als Maskenverweigererin wurde ich bald schon freigestellt und gekündigt. Heute bin ich glückliche Geschäftsführerin von Graswurzle und setze so dem Hygienefanatismus eine natürliche, menschenwürdige und zukunftsorientierte Alternative entgegen. Es ist eine Bewegung, die den Menschen und sein Wirken in der Gemeinschaft ins Zentrum stellt.

Wenn Sie für einen Tag die Schweiz regieren könnten: Was würden Sie verändern?

Den Staat abschaffen. Die Hoheit über die freie Entscheidung einführen. Danach das Regieren sofort niederlegen und mich um mein Leben, das meiner Familie, meiner Freunde und meinem Umfeld kümmern. Meine Vision ist eine Schweiz mit dezentralen Gemeinschaften in der Grösse von Dörfern, Gemeinden oder Städten. Diese sind miteinander auf der Basis der Kooperation, der Freiwilligkeit und der Toleranz vernetzt. Ich bin gegen jegliche Form von Herrschaft. Was nicht bedeutet, dass es keine Strukturen geben soll. Wer Verantwortung übernimmt, hat auch eine gewisse Leitfunktion. Doch darf diese nie zum Zwang für andere Menschen werden. Ich habe ein grosses Vertrauen in die Eigenverantwortung der Menschen. Eine Gesellschaft der freiwilligen Kooperation fördert die Entfaltung unserer Fähigkeiten, erhöht die Bereitschaft das zu geben, was man hat und das zu nehmen was man braucht. Der Mensch begegnet sich als Freund, der Natur als Partner und dem Geist mit Liebe.

Ihre Vision der Welt 2050 – und wo sehen Sie sich?

Den Kindern wird mit einem Kopfschütteln über die Irrläufe der vergangenen Zeit berichtet: «Wenige wollten alles und viele hatten wenig bis nichts.» Mit einer Selbstverständlichkeit wird weiter erklärt: «Das führte dazu, dass die wenigen zwar viel hatten, aber die vielen das nicht mehr interessierte. Denn von den vielen, die wenig hatten, gab es solche, die viel bewirken konnten. Sie fingen an, sich in eigenständigen Gemeinschaften zu organisieren, sich aber auch mit anderen Gemeinschaften zu vernetzen. Diese vielseitigen und vielfältigen Gemeinschaften konnten sich mit ihren eigenen Produkten, Angeboten, Dienstleistungen, Austauschformen selber versorgen. Diese Form zu leben setzte sich als erfolgreiche und nachhaltige Lebensform durch. Moderne Techniken der Energienutzung, fortschrittliche Methoden des Energieaustausches brachten den Menschen die heutige Freiheit und Zufriedenheit. Daher ist Vertrauen ins Leben und eine gewisse Gelassenheit fester Bestandteil im Bewusstsein vieler Kulturen.»

Eine grosse Vielfalt an Gesellschaftsformen existieren friedlich nebeneinander. Die Menschen leben wieder im Einklang mit der Natur, sie leben ihre individuelle Entfaltung und ihr Bewusstsein für die Zusammenhänge des Lebens ist fester Bestandteil ihres Denkens und Handelns. Die Basis für Entscheidungen ist die ureigene Intuition. Diese wahrzunehmen wird bereits bei Kindern gefördert und gewürdigt.

Und ich selbst? In den rund dreissig Jahren werde ich mich vermutlich noch mehrmals neu erfinden. Welche Entfaltungsstufe ich im Jahr 2050 erreicht habe, ist schwer abschätzbar. Dann möchte ich all das sehen, wovon ich jetzt nicht mal zu träumen wage. Vieles davon entzieht sich noch meiner Vorstellungskraft. Vielleicht bin ich dann aber auch schon als Asche auf dieser Erde verstreut und meine Seele auf dem Weg in weitere Sphären. Das Leben wird den Weg schon kennen.

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