Nicht automatisch werden aus gedemütigten Kindern Gewalttäter, Mitläufer oder Extremisten – aber oft. Nicht nur als Eltern haben wir hier eine politische Aufgabe, sondern auch für uns selbst: Inwieweit sind wir bereit, schlimme Erlebnisse aufzuarbeiten und hinter uns zu lassen – ohne selbst zu Tätern zu werden?

Familie
Kinder brauchen unsere volle Aufmerksamkeit und Liebe. Foto: August de Richelieu

Der 1. Advent hat uns mit Eis und Schnee schon mal einen Vorgeschmack auf den kommenden Winter gegeben – lassen wir uns überraschen, wie er sich weiter entwickelt. Die kurzen Tage und die dunklen, langen Nächte verleiten stark zum Rückzug, zur inneren Einkehr – und mich darüberhinaus auch zum Lesen der verschiedensten Lektüren.

Für unsere Herbst-Demokratiekonferenz hatte ich mich zum Thema «Das Private ist politisch» vorbereitet. Dabei bin ich auf ein Buch von Sven Fuchs gestossen, das mich bis heute noch sehr beschäftigt: «Die Kindheit ist politisch – Kriege, Terror, Extremismus, Diktaturen und Gewalt als Folge destruktiver Kindheitserfahrungen».

Sven Fuchs beschreibt darin anhand von Biographien die Kindheit von Gewalt- und Straftätern, Extremisten und Terroristen sowie die Kindheiten ausgewählter politischer Führer, Diktatoren und Kriegsherren. 

Die Grundthese seines Buches ist nicht, dass automatisch aus allen gedemütigten Kinder später Gewalttäter werden. Aber durch seine Biographiearbeit konnte er eindeutig feststellen, dass alle bekannten Extremisten und Diktatoren «als Kind nicht geliebt wurden, sondern statt dessen ein enormes Ausmass an Destruktivität und Gewalt erfahren mussten.» Belastende Kindheitserfahrungen sind danach quasi das Fundament, das ein destruktives Verhalten erst möglich macht.

Im Umkehrschluss würde das bedeuten, «dass als Kind geliebte, gewaltfrei und umsorgt aufgewachsene Menschen nicht zu Gewalttätern, Terroristen, Kriegstreibern und ähnlichen Akteuren werden.»

Wie oben schon gesagt, ist das alles kein Automatismus: Zur Entwicklung des Menschen gehören vielfältige Einflussfaktoren, wie z.B. angeborene Charakterstrukturen, Geschlechterrolle, Stadt- oder Landleben, Kultur und Religion etc., und nicht zuletzt auch die «Schulbildung», bzw. die Erfahrungen in der Schule.

Auch bei sehr negativen Erfahrungen in unserer Kindheit ist im nachfolgenden Erwachsenenleben entscheidend: Inwieweit sind wir bereit, diese Kindheitserlebnisse aufzuarbeiten? Haben wir den Mut, das Dunkle in mir anzuschauen? Können wir erkennen, dass auch das scheinbar Schlechte für irgendetwas gut war? Schaffen wir es, aus der Opferrolle auszusteigen, ohne selbst zu Tätern zu werden?

Jeder von uns ist ein Produkt seiner Kindheit.
Michael Jackson

Auch wenn ich «ein Produkt meiner Kindheit» bin, liegt die Entscheidung jederzeit bei mir, das mir Widerfahrene nicht unreflektiert weiterzugeben – wie es Generationen über Generationen immer wieder getan haben – und auszusteigen aus diesem Kreislauf.

Wir können ganz neue Wege beschreiten: Den Weg des Friedens für die ganze Welt. Mit einem neuen, erwachten Bewusstsein fällt dieser Weg leichter.

Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind gross zu ziehen. 
Sobonfu Somé

Zu diesem Friedensweg gehört in ganz bedeutsamer Weise der Umgang mit unseren Kindern. Schenken wir den Kindern von Herzen unsere Liebe! Kinder sind uns gleichwertige Menschen, die mit Achtung und Respekt behandelt sein wollen – und das betrifft nicht nur unsere eigenen Kinder und Kindeskinder, das betrifft alle Kinder. 

«Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind gross zu ziehen» und: «Lasset die Kindlein zu mir kommen» könnten Leitsätze meines Umgangs mit Kindern sein.

Lasst uns die Vision einer friedlichen Welt entwickeln. Sei heute, wie jeden Montag, um 21 Uhr dabei, synergetisch verstärkt diese visionären Friedensgedanken gemeinsam ins Feld der Liebe zu senden. Nur gemeinsam können wir die Welt verändern. Eine friedliche Welt mit einer liebevollen Umgebung für unsere Kinder und die nachfolgenden Generationen. 


Eva-MariaEva-Maria Gent
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www.gesellschaft-in-balance.de
www.charta-demokratiekonferenz.org


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