Femmes-Tische und Männer-Tische
An moderierten Gesprächsrunden diskutieren und mehr über das Leben in der Schweiz erfahren: Das bietet Femmes-Tische seit vielen Jahren an. Die Migrantinnen und Migranten – mittlerweile gibt es auch Männertische – tauschen sich zu Themen wie Gesundheit, Familie und Integration schweizweit aus.
Manche mögen das kennen, wenn sie längere Zeit auf Reisen sind oder wenn sie sich selbst schon mal im Ausland für eine Zeit niedergelassen haben: Die Sprache des Landes, wenn man sie nicht beherrscht, die Eigenheiten einer Kultur und Gesellschaft sowie die administrativen Abläufe und Regeln können überfordern – weil sie so anders sind. Umso grösser sind diese Hürden für Menschen mit Immigrationshintergrund in der Schweiz. Vor allem in den ersten Jahren.
Diese Schwierigkeiten haben die Initianten der «Femmes-Tische» erkannt und bereits vor 25 Jahren für Menschen mit Immigrationshintergrund Gesprächsrunden an einem grossen Tisch ins Leben gerufen. «Ursprünglich war das Projekt ausschiesslich an Frauen gerichtet», erklärt Rainer Kamber, Mitglied der Geschäftsstelle und Koordinator vom Programm «Männertische». Man sei früher davon ausgegangen, dass die Männer im Arbeitsmarkt ohnehin in die Gesellschaft integriert würden. Femmes-Tische sei ebenso aus feministischen Impulsen entstanden, motiviert durch die Überzeugung, dass der Informationsbedarf bei Frauen am grössten ist. «Aber im Laufe der Jahre hat sich das verändert, nun richten wir das Angebot mehr und mehr auch an Männer.»
Femmes-Tische und Männer-Tische sind moderierte Gesprächsrunden in verschiedensten Sprachen, die mittlerweile an rund 30 Orten in der Schweiz angeboten werden. Sie sind offen für alle interessierten Menschen – mit, aber auch ohne Migrationshintergrund, um den Austausch zu fördern. Diskutiert werden in kleinen Runden Fragen zu Familie, Erziehung, Gesundheit und Integration. Kamber konkretisiert: «Die Gespräche werden immer von einer Person moderiert, die wir im Vorfeld ausbilden und die Französisch oder Deutsch spricht, also eine der Landessprachen beherrscht, damit auch dies gefördert wird. Denn auch die Begleitung zur Integration ist uns wichtig.» Aber ja, es sei gewünscht, dass Teilnehmer eines runden Tisches, wenn sie von derselben Kultur seien, wichtige Themen dann ebenso in ihrer Sprache besprechen würden.
Wo finden die Gesprächsrunden statt? «In der Regel lädt jemand zu sich nach Hause ein», sagt Kamber. Der Gastgeber sei aber nicht zwingend auch der Moderator. In einem freundschaftlichen Umfeld würden sich die Teilnehmer treffen, meist an einem Nachmittag oder Abend, und dann bis zu zwei Stunden über Themen, die anstehen, diskutieren. Dabei steht der Austausch von persönlichen Erfahrungen im Zentrum. Die Themen werden anhand der Bedürfnisse der Teilnehmenden erarbeitet. «Während der Coronazeit vermittelte zum Beispiel die Moderatorin oder der Moderator Informationen vom BAG, etwa welche Massnahmen getroffen wurden und wieso», erläutert Kamber. Auch Themen wie drohende Arbeitslosigkeit und Homeschooling während Corona waren Gesprächsstoff. Wegen der Restriktionen wurden viele Treffen im letzten Jahr online durchgeführt.
Femmes-Tische und Männer-Tische erreichen jährlich über 12´000 Menschen. Es gibt mehr Femmes-Tische, die Anzahl der Männertische wächst jedoch. Was zeigt, dass auch Männer den Austausch zusehend suchen. «Mittlerweile gibt es mehr als zehn Standorte mit Männer-Tischen», sagt Kamber. «Die Männer ziehen es vor untereinander zu diskutieren, zumal sie andere Erfahrungen in den Arbeitswelt machen als ihre Frauen.» Aber auch über Gesundheit und Familie, und über Gewalt und Sexualität, wird bei den Treffen gesprochen – alles sehr wichtige Themen.
Gute Aussichten: Die Gesprächsrunden dürften dank der Lockerungen bald wieder vorwiegend offline – vor Ort – stattfinden. «Ja, langsam geht es wieder los», so Kamber, und zuversichtlich: «Möglicherweise im Sommer könnten die Treffen wieder alle normal abgehalten werden.» Und die Zukunft verspricht, dass die Femmes-Tische und Männer-Tische schweizweit weiter ausgebaut werden, so dass sie in absehbarer Zeit vielleicht auch auf Italienisch staffinden könnten. «Wir sind im Tessin noch nicht stark vertreten, aber das kommt noch.»
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