Wir wissen nicht, was wir essen
Heute starten wir eine sechsteilige Serie zum Thema Pestizide. Sie machen uns krank und zerstören die Biodiversität. Zwei Initiativen, die im Juni zur Abstimmung kommen, wollen dem einen Riegel vorschieben.
«Wenn ich dieses Wasser trinke, werde ich krank.» Klingt wie ein klischeehafter Spendenaufruf eines Kinderhilfswerks, ist aber eine Tatsache – und zwar hier in der Schweiz. Wir trinken täglich Hahnenwasser, das krebserregende Stoffe enthält. Geben unseren Kindern Lebensmittel zu essen, die auf Grund der Pestizidbelastung zu Wachstumsproblemen, dem verfrühten Einsetzen der Pubertät und zu Aufmerksamkeitsdefiziten führen können. Ganz nebenbei zerstören wir die Biodiversität, töten Insekten und lassen transnationale Konzerne entscheiden, was wir essen.
Am 13. Juni kommen zwei Vorlagen zur Abstimmung, die dem einen Riegel vorschieben wollen: die Trinkwasser-Initiative (siehe Artikel vom 22. März) und die Pestizid-Initiative. Letztere will erreichen, dass der Einsatz von synthetischen Pestiziden in der Schweizer Landwirtschaft ab 2030 verboten wird.
Hierzulande ist zwar – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – eine ganze Bandbreite an Bio-Produkten verfügbar, die ohne Giftstoffe produziert werden. Doch eine gesunde Ernährung leisten können sich längst nicht alle. «Die Annahme der Pestizid-Initiative würde ein einheitliches Angebot für die gesamte Bevölkerung schaffen, das für alle erschwinglich ist», betonen die InitiantInnen der Initiative.
Doch dafür müsste Geld in die Entwicklung von Alternativen investiert werden, zum Beispiel von natürlichen Pflanzenschutzmitteln, die weder der Umwelt noch der Gesundheit schaden. Möglich ist das – und zwar nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich, wie der Neuenburger Landwirt Fernand Cuche betont. «Es gibt keine Ausreden mehr. Der Wandel kann umgesetzt werden, es ist nur noch eine politische Entscheidung», sagt Cuche, ehemaliger Nationalrat der Grünen, in einem Video-Statement.
Ein Systemwandel in der Landwirtschaft wäre möglich, doch die Agroindustrie tut ihr Möglichstes, um diesen zu verhindern. Schliesslich würden die Konzerne dabei Geld verlieren – viel Geld. Zum Beispiel der Schweizer Multi Syngenta, der das Fungizid Chlorthalonil produziert. Dessen Einsatz wurde sowohl in der EU als auch in der Schweiz 2020 verboten, da es als «wahrscheinlich krebserregend» klassifiziert wurde. Syngenta legte jedoch Beschwerde gegen das Urteil ein und erreichte, dass Chlorthalonil zumindest in der Schweiz öffentlich nicht mehr als toxikologisch relevant bezeichnet werden darf.
An den nächsten fünf Montagen werden wir das Thema Pestizide genauer beleuchten. Wenn wir Sie bereits heute überzeugt haben, können Sie sich hier informieren, wie Sie sich persönlich für die Pestizid-Initiative einsetzen können.
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