Schmiss Karriere hin, um Mangobauer zu unterstützen
Seine steile Karriere bei der Grossbank in London war vorgespurt. Aber mit 28 kündigte der Berner Jonathan Litscher und flog mit One-Way-Ticket nach Mosambik. Dort gründete er das Startup «We Are Nyanja», das heute gedörrte Mangos in die Schweiz exportiert.
Bei der Grossbank Lloyds hatte Jonathan Litscher den Sprung in die prestigeträchtige «Global Corporates»-Abteilung geschafft. Transaktionen über schwindelerregende Beträge waren an der Tagesordnung, die erfolgreiche Karriere aufgegleist. Aber dem Berner fehlte der Sinn in seiner Arbeit. Er wollte etwas tun, was wirklich einen Unterschied machte. So schmiss er eines Tages alles hin, kaufte sich ein One-Way-Ticket und machte sich auf nach Mosambik.
Weit im Hinterland der Provinz Niassa im Norden von Mosambik leben die Menschen des Nyanja-Volks in einfachsten Verhältnissen: Das Obdach ist eine selbstgebaute Lehmhütte, das tägliche Brot wird aus dem eigenen Feldbau erwirtschaftet. Viele Familien haben kaum ein Einkommen. Die Existenz ist prekär, Hunger verbreitet und das Leben geprägt von tragischen Schicksalsschlägen. Dabei sitzen die Menschen auf einem Reichtum, den sie nicht nützen können: Mangos. In jedem Dorf stehen dutzende von riesigen Mangobäumen mit erstklassigen Früchten. Einmal im Jahr werden alle gleichzeitig reif und die meisten verrotten am Boden.
Dies fiel Litscher ins Auge. Und er hatte die Idee, die Mangos vor Ort zu trocknen und in der Schweiz zu vertreiben. Das Projekt «We Are Nyanja» war geboren.
Jonathan Litscher mit exportbereiten Mango-Päckli.
In einem kleinen Dorf zimmerte das Team von «We Are Nyanja» Fruchttrockner nach Plänen aus dem Internet. Jedes Jahr verbesserten sie ihren Betrieb: aus der Kleintrocknerei erwuchs eine regelrechte Fabrik mit 50 Angestellten. «So viele junge Menschen zu beschäftigen, die sonst keine Aussicht auf einen Job hätten, ist eine wunderbare Bereicherung für mich», sagt Litscher.
Zudem konnte das Projekt ein Netzwerk von 300 Produzentinnen in sieben Dörfern aufbauen. Pro Jahr kaufen sie ihnen über 100 Tonnen Mangos ab. «Wir zahlen bewusst ein Vielfaches des Marktpreises, darum geht es schliesslich», so Litscher. Nun können sich die Familien Grundlegendes leisten: eine regendichte Blache fürs Strohdach, Lebensmittelvorräte, neue Kleider, Schulgebühren für die Kinder.
Aber es geht Litscher um mehr als die materielle Unterstützung. «Wir wollen unseren Produzentinnen gegenüber Wertschätzung ausdrücken», erklärt er. Auf jedem Mango-Päckli wird eine Produzentin mit Bild und Namen gewürdigt. Konsumenten und Konsumentinnen in der Schweiz können damit ein Selfie machen und dieses hochladen – Litscher und sein Team entwickeln dann diese Fotos für die Produzenten. Auf der Webseite von «We Are Nyanja» sind bald 1000 Fotogrüsse zu sehen. Litscher erklärt: «Die Anerkennung ist für viele genauso wichtig wie das Einkommen.»
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