Der Schweizer Arzt Felix Küchler hat im westafrikanischen Land Benin in mehreren Gesundheitsprojekten gearbeitet. Seit acht Jahren berät er Frauen und Männer im ländlichen Raum bei der Familienplanung. Ab Donnerstag gibt er in seiner Serie «Natitingou – Aus dem Afrika-Tagebuch eines Toubab» Einblick ins Alltagsleben von Benin.

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Zeitpunkt: Was ist ein Toubab?

Felix Küchler: So werden in Benin die Weissen bezeichnet. Das Wort könnte vom arabischen «tabib» abgeleitet sein, das Arzt bedeutet. Auch im Französischen ist «Toubib» eine umgangssprachliche Bezeichnung für Ärzte. Ich arbeite hier jedoch nicht im klassischen Sinn als Arzt, sondern vielmehr als Gesundheitsförderer. Benin kenne ich aus meinem langjährigen Einsatz in der Entwicklungszusammenarbeit vor 35 Jahren. Nach meiner Pension bin ich hierher zurückgekehrt, um ein Projekt aufzubauen, um das mich viele Frauen vor Ort seit Jahrzehnten gebeten haben. «Ich habe sieben Kinder und bin schon wieder schwanger», sagten sie mir etwa. «Helfen Sie uns bitte!» So haben wir das Programm «Maternité Desirée» entwickelt, das Frauen und Männer ausbildet, um ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden. Das heisst: Wir sprechen über den weiblichen Zyklus, den Eisprung und darüber, wie fruchtbare und unfruchtbare Tage unterschieden werden können. Diese Art der natürlichen Empfängnisverhütung findet – anders als andere Methoden – Akzeptanz in der ländlichen Gesellschaft.

Das heisst, Sie als Mann bringen den Frauen etwas über ihren Zyklus bei?

Ich koordiniere das Projekt. Inzwischen haben wir zwölf einheimische Frauen angestellt, die die Ausbildungen in den Dörfern durchführen. Wir kommen bei der grossen Nachfrage fast nicht nach. Es ist jedoch nicht einfach, an die teilweise abgelegenen Orte zu kommen – oft ist das nur per Motorrad oder zu Fuss möglich. Bisher konnten wir rund 6500 Frauen und 5000 Männer ausbilden. Dabei ist es wichtig, von Anfang an die Männer miteinzubeziehen.

Ist es für alle wünschenswert, weniger Kinder zu haben – oder ist das ein Bruch mit der Tradition?

Vor dreissig Jahren war das noch anders, aber heute sehen tatsächlich die meisten die Vorteile. Schliesslich sind viele Kinder auch teuer, und die Männer sind dafür verantwortlich, alle zu ernähren, und das Geld aufzutreiben, wenn ein Kind krank ist. Die Bevölkerung in Benin hat sich in den letzten drei Jahrzehnten verdoppelt. Das hat dazu geführt, dass Ressourcen wie Holz oder Landwirtschaftsparzellen knapp werden. Es braucht immer neue Schulen, neue Brunnen, mehr Latrinen. Viele Eltern wollen heute lieber weniger, dafür gesunde und frohe Kinder. 

www.maternitedesiree.org

Übermorgen Donnerstag erscheint die erste Folge der Serie «Natitingou – Aus dem Afrika-Tagebuch eines Toubab» von Felix Küchler.