Bereits 400 Städte in Europa haben das Label «Zero Waste Stadt» erhalten, nachdem sie die Abfallmenge teilweise signifikant reduziert haben. Die erste Schweizer Stadt, die sich um die Auszeichnung bemüht, ist die Genfer Gemeinde Carouge.

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Das Konzept Zero Waste – Null Abfall – setzt Gegensteuer zur Verschwendungskultur. Laut der Vereinigung «Zero Waste International Alliance» ist das erklärte Ziel die Schonung aller Ressourcen. Unter anderem durch verantwortungsvolle Produktion, Wiederverwendung und -verwertung von Produkten sowie Verpackungen, die weder Umwelt noch Gesundheit gefährden.

«Ein abfallfreies Europa ist kein visionäres Projekt mehr», betont das europäische Netzwerk Zero West Europe. «Die Frage ist nicht, ob, sondern wie und wann politische Entscheidungsträger dies als legitimes und wünschenswertes Ziel für unsere Gesellschaft akzeptieren werden.»

Als erste Stadt in der Schweiz bemüht sich die Genfer Gemeinde Carouge um das Label «Zero Waste Stadt», welches von «Zero Waste Europe» verliehen wird. Bereits 400 Städte in Europa haben die Auszeichnung erhalten, viele davon in Italien und Spanien. Die italienische Stadt Paese beispielsweise verursacht laut «Zero Waste Europe» nur noch 57 Kilo Müll pro Einwohner und Jahr. Zum Vergleich: Ein Schweizer produziert pro Jahr im Schnitt mehr als 700 Kilo Abfall – eine der höchsten Raten auf der ganzen Welt.

In Carouge engagiert sich seit 2018 nicht nur die Gemeinde, sondern auch viele der Einwohnerinnen und Einwohner, um die Menge an verbrennbarem Abfall um mindestens 30 Prozent zu reduzieren. Dafür hat die Gemeinde eine breit gefächerte Kampagne lanciert. Familien werden persönlich begleitet und beraten, um die Umstellung auf Zero Waste umsetzen zu können. «Wenn man einen kleinen Schritt nach dem anderen macht, kann man Reduktionen von 50 Prozent oder mehr erreichen», erklären die Initiantinnen des Carouge-Projekts, Leticia Regueiro und Dorinda Phillips.

Bei den Familien, die das sechswöchige Coaching absolviert haben, zeigte sich, dass Abfallreduktion tatsächlich möglich ist. Insgesamt wurden 60 Prozent weniger Müll produziert, und die Siegerfamilie schaffte sogar eine Reduktion um 97 Prozent. Doch wie funktioniert das? «Die Familien änderten Gewohnheiten, die ihrem eigenen Lebensstil entsprachen, da das Programm nicht nur darauf abzielte, den Abfall zu reduzieren, sondern gleichzeitig auch das Wohlbefinden zu steigern», so Regueiro und Phillips.

Es gibt in der Gemeinde inzwischen zahlreiche Geschäfte, in denen man sein Mittagessen ohne Einwegverpackung kaufen kann. Man muss nur seine eigene Lunchbox mitbringen. Und Müllreduktion lohnt sich auch wirtschaftlich. In Carouge verursacht die Verbrennung von kompostierbaren Abfällen pro Jahr unnötige Mehrkosten von 100'000 Franken pro Jahr.

In Deutschland ist Kiel die erste Stadt, die das Zero Waste Label erhalten will. Bis 2035 soll die Abfallmenge halbiert werden. Auch Berlin, Frankfurt und München planen den Müllausstieg. Wir ziehen den Hut vor Carouge und allen anderen Städten und Gemeinden, die den Weg zu Zero Waste und somit zu einer nachhaltigeren Zukunft angetreten haben.

Mehr Infos:
www.carouge.ch
www.zerowasteswitzerland.ch

Über

Nicole Maron

Submitted by christoph on Mo, 04/19/2021 - 17:25

Nicole Maron (*1980) aus Zürich ist Journalistin und Buchautorin. Seit 2017 lebt und arbeitet sie in Bolivien und Peru. Ihre Schwerpunkte sind umwelt- und sozialpolitische Themen wie Flucht und Migration, globale Gerechtigkeit, Konzernverantwortung und Menschenrechte. 

Von Nicole Maron ist zuletzt erschienen: «Das Blut des Flusses» – Der in Espinar/Südperu gedrehte Dokumentarfilm zeigt auf, welche gravierenden Schäden das Schweizer Bergbauunternehmen Glencore vor Ort anrichtet.
https://www.youtube.com/watch?v=9Rj7lJc1GWY