Die internationale Jury des von Milo Rau initiierten «Weltwirtschaftsgerichtes» untersuchte die Region Kolwezi im Südkongo. An diesem Sonntag findet die «Urteilsfindung» im Schauspielhaus Zürich statt.

©2020 Lemafrika / Patrick Byamungu

Seit über 20 Jahren verwandelt ein unüberschaubarer Bürgerkrieg das Gebiet von der Größe Westeuropas in eine Hölle auf Erden. Ausgelöst vom ruandischen Genozid 1994, hat der auch als «Dritter Weltkrieg» bezeichnete Kongokrieg bereits 6 Millionen Tote gefordert. Viele Beobachter sehen in ihm nicht nur den Kampf um die politische Vorherrschaft in Zentralafrika, sondern zugleich eine der entscheidenden wirtschaftlichen Verteilungsschlachten im Zeitalter der Globalisierung.

Der Grund für den Fortbestand des Krieges sind längst nicht mehr nur ethnische Gegensätze, sondern die für das 21. Jahrhundert überlebenswichtigen Technologie-Rohstoffe. Nirgendwo sonst auf der Welt überlagern sich die globalen Interessen aller großen Nationalökonomien mit lokalen Machtansprüchen, die koloniale Vergangenheit und die postkoloniale Gegenwart exemplarischer als in dieser grauenvollen und unübersichtlich gewordenen Krisenregion.

Am 1. Oktober dieses Jahres haben der kongolesisce Menschenrechtler Sylvestre Bisimwa und seine Mitstreiterin Céline Tshizena mit Anhörungen Betroffener und anderer Akteure in der Bergbauregion Katanga in der Demokratischen Republik Kongo begonnen. Dort betreibt der Schweizer Rohstoffgigant Glencore die zwei grössten Kobaltminen der Welt. Die Aktivisten setzen damit – drei Jahre nach dem Erscheinen des mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilms von Milo Rau – die Arbeit des «Kongo Tribunals» fort.

Sie untersuchen die Verantwortung von politischen Eliten und multinationalen Unternehmen in einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen, Umweltverschmutzung und Korruption. Am 25. Oktober – wenige Wochen vor der Abstimmung über die Konzernverantwortungs-Initiative – werden die Anhörungen im Schauspielhaus Zürich zusammengefasst, debattiert und ein vorläufiges Urteil gefällt.

Die Hearings in Zürich werden geleitet von Miriam Saage-Maass, Vice Legal Director of European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). Auf der Bühne sind zudem Colette Braeckman, Afrikakorrespondentin der belgischen Zeitung Le Soir, Marc-Antoine Vumilia, kongolesischer Autor und Regisseur, Dorothée Baumann-Pauly, Director of Geneva Center for Business and Human Rights, Nina Burri, Expertin für internationales Strafrecht, verantwortlich für Wirtschaft und Menschenrechte bei Brot für alle, Oliver Classen, Mediensprecher und Projektleiter bei Public Eye.

Dabei geht es unter anderem um die Frage, welche Verantwortung multinationale Grosskonzerne mit Sitz in der Schweiz übernehmen, wenn bei ihren Tätigkeiten Menschenrechte verletzt oder die Umwelt verschmutzt wird.

Die Anhörungen finden am Sonntag, 25. Oktober 2020, 16 Uhr, in der Schiffsbau-Box des Schauspielhauses in Zürich statt, Adresse: Schiffbaustrasse 4, 8005 Zürich