Füttern oder nicht?
Wie soll man Vögel im Winter artgerecht füttern? Ist das überhaupt notwendig? Der Verband «Bird Life» gibt dafür die richtigen Antworten. Denn Vogelfüttern will gelernt sein und hat hierzulande nur bei Dauerfrost und längeren Schneeperioden Sinn.
Seit Jahren deckt die Bevölkerung in der Schweiz Amseln, Stare, Meisen und Finken mit Körnern, Fettklössen und manchmal gar mit Insekten ein. Und es sind nicht nur Krümel, sondern ganze Lastwagenladungen voll, die in Häuschen, Spendern und Fütterungsstationen unter das Flugvolk gebracht werden. Doch ist das nicht viel zu viel und schadet den Vögeln mehr als es nützt?
Die vogelkundigen Wissenschaftler sind sich da uneinig. Der deutsche Ornithologe Peter Berthold, Leiter der Vogelwarte Radolfzell und Mitverfasser des 750 Seiten starken Standardwerks «Die Brutvögel Mitteleuropas», plädiert für eine Ganzjahresfütterung mit Insekten und gar Hackfleisch: «Wir haben einen grossen Insektenmangel. Dadurch wird es für die Vögel immer schwieriger, Eier auszubrüten».
Andere Ornithologen widersprechen. Da in der wissenschaftlichen Vogelforschung eine Pattsituation zu herrschen scheint, halten wir uns an den schweizerischen Vogelschutzverband «BirdLife», denn er müsste es wissen. Er verbindet rund 67'000 Natur- und VogelschützerInnen in 440 lokalen Sektionen und gibt Tipps für artgerechtes Füttern im Winter.
Futterstellen bieten eine gute Gelegenheit, Vögel aus der Nähe zu beobachten und ermöglichen schöne Naturerlebnisse. Deshalb ist gegen ein sachgemässes und massvolles Füttern im Winter nichts einzuwenden, wenn wir uns gleichzeitig auch für die dringenden Natur- und Vogelschutzprobleme einsetzen. In milden Wintern finden Vögel meistens genug Nahrung. Füttern Sie deshalb erst bei Dauerfrost und Eisregen oder wenn eine geschlossene Schneedecke liegt.
Wann soll man Vögel füttern?
Füttern Sie vorzugsweise am Morgen, wenn die Vögel nach der langen Nacht hungrig sind. Am Nachmittag kann etwas Futter nachgefüllt werden, damit die Vögel genügend Nahrung für die kalte Nacht haben. BirdLife Schweiz empfiehlt, auf Ganzjahresfütterung zu verzichten. Vor allem zur Brutzeit sind die allermeisten Vogelarten auf Insekten und Spinnentiere angewiesen, um ihre Jungen aufzuziehen. Die Erhaltung und Förderung intakter Lebensräume mit hohem Blütenangebot ist daher viel entscheidender.
Füttern, gewusst wie
Stellen Sie das Futterhäuschen wenn möglich in die Nähe von Bäumen und Büschen so auf, dass die Vögel gut an- und abfliegen können. Die Futterstelle sollte dennoch im Umkreis von zwei Metern gut überschaubar sein, damit sich Katzen nicht anschleichen können. Der Futterbehälter sollte zudem, als Schutz vor Eichhörnchen, rundum geschlossen sein. Ein Silo als Futterhäuschen (siehe Bild) sorgt dafür, dass die Vögel nicht im Futter stehen und es verkoten können. Das Futter darf nicht nass werden, und man sollte es auch nicht auf den Boden streuen.
Was ist das richtige Futter?
Qualitativ einwandfreies Futter sollte es sein. Futter, das möglichst der natürlichen Nahrung der Vögel entspricht. Gewürzte Speisen, Essensreste und Brot gehören nicht dazu. Aus ökologischen Gründen sollte zudem auf die Verwendung von Futterbestandteilen verzichtet werden, die aus weit entfernten Ländern stammen, namentlich auf Palmöl, Kokosfett und Erdnüsse.
Kein Fettfutter
Neue Studien aus England und Deutschland zeigen, dass das Verfüttern von Meisenknödeln und anderem stark fetthaltigem Futter im Winter und in der Brutperiode den Bruterfolg von Meisen deutlich reduzieren kann. Man sollte sie – wenn überhaupt – nur sehr sparsam anbieten. Im Frühling und Sommer keinesfalls solches Fettfutter verwenden.
Finken, Sperlinge, Meisen, Kleiber und Spechte mögen Sonnenblumenkerne und Hanfsamen besonders gern
Zu den Körnerfressern, der grössten Vogelgruppe, gehören Arten mit dickem, kräftigem Schnabel wie Finken und Sperlinge, aber auch Meisen, Kleiber und Spechte. Für sie gibt es im Handel verschiedene Fertigfuttermischungen. Viele davon enthalten allerdings hohe Anteile an Getreidekörnern, die fast nur von Tauben und Sperlingen gefressen werden und sonst liegen bleiben. Wählen Sie deshalb Mischungen aus, die ganz oder grösstenteils aus Sonnenblumenkernen und Hanfsamen bestehen.
Haferflocken, zerhackte Baum- und Haselnüsse, Rosinen und Obst für Weich- und Insektenfresser
Von den Weich- und Insektenfressern erscheinen nur Amsel, Rotkehlchen und Star regelmässig an der Futterstelle. Sie fressen gerne Haferflocken, zerhackte Baum- und Haselnüsse, Rosinen und Obst, das bereits etwas angefault sein darf. Schneefall kann Zugvögel vor allem im Vorfrühling bei der Nahrungssuche behindern. Diesen Vögeln helfen abgedeckte Komposthaufen oder Miststöcke. Dies erleichtert den Zugang zu Insekten.
Sauberkeit im Vogelhaus
Seuchenartige Erkrankungen wie die Salmonellose, eine tödliche bakterielle Darminfektion, können an Futterplätzen übertragen werden. Darum ist es wichtig, Vogelkot im Futter zu vermeiden. Vogelkot immer mit heissem Wasser beseitigen. Falls Sie tote Vögel um das Vogelhaus feststellen, entsorgen Sie diese sofort. Reinigen Sie das Vogelhäuschen gründlich und warten Sie 2–3 Tage, bis Sie es wieder einsetzen.
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