Oft werde lokal oder vielleicht auch national informiert, wenn es Missstände in einer Region gibt, sagt die Schweizer Journalistin und Filmerin Nicole Maron. Aber kaum global. Mit ihrem Dokumentarfilm «Das Blut des Flusses», den sie gemeinsam mit dem peruanischen Journalisten Vidal Merma gedreht hat, wollen sie ebenso in Peru wie in der Schweiz etwas bewegen. Im Fokus ist das Schweizer Bergbauunternehmen Glencore. Maron stellt ihren Film diesen Mai in der Schweiz vor. Sie sind eingeladen!

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Das letzte Mal, als die Zeitpunkt-Redaktion mit Nicole Maron gesprochen hatte, war die Produktion des Dokumentarfilmes «Das Blut des Flusses» noch in vollem Gange. In der Schweiz stellte sie im vergangenen Jahr das werdende Filmprojekt vor. Schon damals betonte sie, wie wichtig es sei, dass auch Schweizer und Schweizerinnen genau hinschauten, wenn im globalen Süden die Umwelt verschmutzt wird – denn daran seien ebenso Schweizer Unternehmen beteiligt.

Nun ist der Dokumentarfilm fertig. Die Journalistin aus Zürich, die mittlerweile seit mehreren Jahren in Südamerika lebt, erst in Bolivien, nun in Peru, fliegt heute in die Schweiz – mit der «Filmrolle» unter dem Arm. In verschiedenen Ortschaften und Städten wird die 41-Jährige «Das Blut des Flusses» vorstellen, unter anderem in Zürich im Glaspalast, in der Peterskapelle Luzern oder im Kino Gstaad. Zufrieden mit dem Resultat? «Es bewegt mich immer sehr, wenn ich diese Thematik, wie jetzt mit einem Film, den Menschen näherbringen kann.»

Zum Inhalt: Der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore betreibt in Peru diverse Kupferminen. Unter anderem in der Provinz Espinar, 200 Kilometer südlich von Cusco, wo Vergiftungen mit Substanzen wie Arsen und Quecksilber zur Normalität geworden sind. Der Film von Nicole Maron, den sie gemeinsam mit dem peruanischen Journalisten Vidal Merma realisiert hat, zeigt sowohl die Situation vor Ort als auch die globalen Zusammenhänge und die Mitverantwortung der Schweiz auf. «Und damit wollen wir Sensibilisierungsarbeit leisten, in Peru und in der Schweiz.»

«Der ehemalige Bürgermeister hat jahrzehntelang an vorderster Front gegen den Bergbau gekämpft.»

Wie brisant alles ist, zeigt ein jüngster Vorfall, der Maron und die Bevölkerung von Espinar sehr mitgenommen hat. Die Journalistin dazu: «Am 7. März erreichte mich die Nachricht, dass Oscar Mollohuanca auf einem Hügel in der Nähe seines Hauses tot aufgefunden wurde. Er trug Spuren von Verletzungen und Schlägen, doch bisher ist die Todesursache nicht geklärt. Die Behörden äusserten den Verdacht, ein Stier könnte ihn angegriffen haben, doch die Bevölkerung von Espinar zweifelt an dieser Theorie. Viele gehen davon aus, dass Oscar Opfer eines Verbrechens wurde. Denn Feinde hatte er viele. Der ehemalige Bürgermeister von Espinar hat jahrzehntelang an vorderster Front gegen den Schweizer Bergbaukonzern Glencore und sein Vorgängerunternehmen Xstrata gekämpft. Und dafür, dass den Einwohnerinnen und Einwohnern der Region ihre Grundrechte gewährt werden: den Zugang zu sauberem Trinkwasser und medizinischer Versorgung sowie eine Umgebung ohne Kontaminierung durch den Bergbau.»

Maron hatte letztes Jahr die Gelegenheit, Oscar Mollohuanca für den Dokumentarfim zu interviewen. «Glencore hat hier vor Ort immense Umweltschulden, die wir gar nicht in ihrer Gesamtheit aufrechnen können. Wir hoffen, dass diese Schulden eines Tages bezahlt werden», sagte Mollohuanca als Antwort auf die Aussage der Schweizer Justizministerin Karin Keller-Sutter, die im Rahmen der Gegenkampagne zur Konzerninitiative behauptete: «Schweizer Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung in Schwellen- und Entwicklugsländern. Sie investieren in dortige Infrastruktur und schaffen Arbeitsplätze, und die überwiegende Mehrheit verhält sich dabei verantwortungsbewusst gegenüber Mensch und Umwelt.» 

Dass der Bergbau gut für den Fortschritt ist und auch den Menschen in den Abbaugebieten zu Gute kommt, betont auch die peruanische Regierung gern. «Unser Land ist eine Schatzkiste», so das peruanische Bergbau-Ministerium in einem Propagandavideo. Doch in Wirklichkeit gehören die Bergbaugebiete zu den ärmsten Regionen des Landes. Doch die sozialen, gesundheitlichen und Umweltkosten tauchen in den Gewinnrechnungen der Konzerne und in den offiziellen Statistiken nicht auf. Der Bergbau ist einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren von Peru und stellt 60 Prozent der Gesamtexportsumme und 20 Prozent der Einkommenssteuer. «Seit den 90er Jahren setzen alle Regierungen Perus auf den Bergbau», sagt der peruanische Menschenrechts-Anwalt Ramiro Llatas. «Als ob dies der einzige Ausweg aus der Armut wäre.» Dabei könnte sich die peruanische Wirtschaft durchaus auch auf andere Sektoren stützen, zum Beispiel auf den Tourismus oder die Landwirtschaft.

Doch nicht nur der peruanische Staat muss ins Visier genommen werden, sondern vor allem auch das verantwortliche Unternehmen Glencore, und damit auch die Schweizer Politik. Doch diese verschliessen Augen und Ohren, wenn sie Gefahr für die Wirtschaft wittert. «Wir hatten die Gelegenheit, bei einer Aktionärsversammlung von Glencore zu sprechen», erinnert sich Jaime Borda der peruanischen NGO Red Muqui. «Aber die CEOs haben alles verleugnet, was wir vorgebracht haben, obwohl wir handfeste Beweise für die gravierenden Schäden an Mensch und Umwelt vorgelegt haben.» 

«Mit dem Film ‹Das Blut des Flusses› möchten wir dazu anregen, unser individuelle Konsumverhalten zu überdenken, vor allem aber dazu, weiterhin politischen Druck auszuüben, und zwar in solidarischer Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd», sagt Nicole Maron.

 


Filmvorführungen:

1. Mai, 16 Uhr, Glaspalast (Kasernenarreal), Zürich. Filmausschnitt und Podiumsdiskussion mit Gewerkschaftsvertreter*innen aus Kolumbien und Peru, Stephan Suhner (Multiwatch), Yvonne Zimmermann (Solifonds) und Nicole Maron

13. Mai, 18:30, Kinobar Leuzinger, Rapperswil. Filmvorführung und Austausch 

20. Mai, 19 Uhr, Kirchgemeindehaus Maria Lourdes, Zürich-Seebach. Filmvorführung und Austausch 

24. Mai, 19 Uhr, Peterskapelle Luzern. Filmausschnitt und Podiumsdiskussion mit Stephan Suhner (Multiwatch) und Nicole Maron

28. Mai, 18 Uhr,  Kino Gstaad, Filmvorführung und Austausch.

Weblink zum Film: https://kollektiv-pacha.com/dokumentarfilm-uber-bergbau/

Trailer zum Film:

Mehr zu Nicole Maron im früheren Zeitpunkt-Artikel: hier

Ihre Journalisten-Webseite: www.maron.ch