Wie sieht eine friedliche Zukunft aus?
Der Kulturverein «Cheesmeyer» lädt mit dem in Sissach verwurzelten Soziologen Ueli Mäder zu einer Gesprächsreihe ein. Zur Einstimmung dient das Buch «Haben oder Sein» von Erich Fromm. Der Zeitpunkt hat nachgefragt, was ihn dazu inspiriert hat.
Soziale Ungleichheiten und der Drang, andere zu beherrschen, verursachen Kriege. Eine friedliche Welt verlangt soziale Gerechtigkeit. Aber das reicht nicht. Wir müssen auch persönlich damit aufhören, uns über andere zu erheben. Dafür plädierte der Psychoanalytiker und Soziologe Erich Fromm.
Ueli Mäder ist in Sissach aufgewachsen, pensionierter Soziologe und Autor des soeben erschienenen Büchleins «Haben oder Sein: Leben statt Profit!»
Sein Buch «Haben oder Sein» (1976) ist aktueller denn je. «Haben» steht für ein hortendes Besitzstreben, «Sein» für ein schöpferisches Tun, das sich vom rastlosen Aktivismus unterscheidet. Fromm typisiert mit diesen Begriffen unterschiedliche Existenzweisen. Er skizziert auch verallgemeinerte Sozialcharaktere. In ihnen verdichten sich gesellschaftliche Erwartungen, die uns dazu anhalten, so zu denken und zu handeln, wie wir denken und handeln sollen. Früher dominierten autoritäre Vorgaben, heute stark Marketing orientierte.
Zeitpunkt: Was hat Sie zu dieser Gesprächsreihe inspiriert?
Ueli Mäder: Der Kulturverein Cheesmeyer bat mich zunächst ein Gespräch zwischen einer ukrainischen Schriftstellerin und einem russischen Schriftsteller zu moderieren. Dann folgte die Anfrage, eine ganze Reihe zu konzipieren. Ich sagte ausnahmsweise zu. Vor allem wegen meiner Verbundenheit mit Sissach, meiner Sympathie für das Cheesmeyer Projekt und dem Anliegen, viel mehr über eine friedliche Zukunft zu diskutieren.
Wie ist das Programm zustande gekommen?
Ich setze mich gerade – wieder - mit Erich Fromm auseinander. Er regt dazu an, vom Besitz orientierten Haben zu einem umwelt- und sozialgerechten Sein zu kommen. Das fordert uns heraus. Und verlangt grundlegende gesellschaftliche Veränderungen. Dabei fragt sich, wie diese in verschiedenen Bereichen aussehen könnten. Wirtschaftlich und politisch, strukturell und kulturell, global und regional. Hinzu kommt eben, was wir persönlich für eine friedliche Zukunft tun können.
Was würden Sie sich wünschen, was die Zuhörer mitnehmen?
Hoffentlich tragen die Gespräche zum Nachdenken und dazu bei, sich kritisch mit dem materiellen Wachstum, der forcierten Konkurrenz und unserem Konsumismus auseinander zu setzen. Hoffentlich fördern sie ein Handeln, das sämtliche Lebensbereiche weiter demokratisiert und Freiheiten für alle realisiert, ohne Mensch und Natur zu schädigen. Dazu gehört die Frage, was wirklich wichtig und sinnvoll ist.
Das Programm
Wie sieht eine friedliche Zukunft aus: global, regional, persönlich? Und was tun wir dafür? Ueli Mäder moderiert musikalisch begleitete Gespräche im Kulturhaus Cheesmeyer in Sissach (an der Hauptstrasse 55). Sie finden jeweils am letzten Donnerstagabend im Monat von 19.00-20.30 statt. Der Eintritt beträgt: 15 Franken.
Haben oder Sein? (27. 10. 2022)
Welche Alternativen regt Erich Fromm zum Streben nach materiellem Wachstum an? Gäste: Henning Kurz (Religionswissenschaftler), Daniela Dolci (Dirigentin), Martina Rick und Mauricio Silva Orendain (Les Arts Scéniques), Tevfik Sahin und Songül Ataman Arslan (Veng Music Foundation).
Sport verbindet(24. 11. 2022)
Sport verbindet und trennt. Auch an der WM in Katar? Gäste: Daniel Woker (alt Botschafter), Walter Mundschin (ex. FCB und Nati), Johanna Aeschbach (Fussballerin), Wolfgang Bortlik (Schriftsteller), Peter Tschudin (alt Handballer), Moritz Kamber (alt Eishockeyaner), Lukas Rickli (Musiker).
Ukraine – Hintergründe des Krieges (15. 12. 2022)
Historisches Wissen hilft, den russischen Angriff gegen die Ukraine besser zu verstehen? Gäste: Frithjof Benjamin Schenk (Historiker Uni Basel), Charlotte Luchsinger (Flüchtlingsarbeit), Anina Jendreyko (Regisseurin).
Wie Medien ihren Einfluss wahrnehmen (26. 1. 2023)
Medien galten einst als vierte Gewalt im Staat. Und heute? Gäste: Esther Girsberger (Ombudsstelle SRG), Ueli Heiniger (eh. Zyschtigsclub), Philipp Loser (Redaktor TA), David Thommen (Volksstimme).
Was tun Philosophie und Astronomie für den Frieden? (23. 2. 2023)
Fördern die Philosophie und die Astronomie eine friedliche Zukunft? Gäste: Annemarie Pieper (Philosophin, Roman-Autorin), Roland Buser (Astronom, Autor «Der Mensch im Kosmos»), Jan-Andrea Bard (Musiker).
Humanisierung der Wirtschaft (30. 3. 2023)
Wie reagiert die Wirtschaft auf neue soziale Herausforderungen? Gäste: Rolf Soiron (eh. VR-Lonza, Holcim, Nobel Biocare), Isabel Martínez (Konjunkturforscherin ETH und SGB), Samuel Geiser und Heidi Kronenberg (Autor/in).
Mut zur lebendigen Trauer (20. 4. 2023)
Was für eine melancholische Skepsis empfiehlt Erich Kästner in seiner «Lyrischen Hausapotheke»? Gäste: Henning Kurz (Germanist), Martina Rick (Schauspielerin), Beat Riggenbach und Anselm König (Band).
Die Welt verstehen (25. 5. 2023)
Wie gehen Peking und Washington mit ihren Rivalitäten um? Gäste: Karl Kränzle (eh. China/US-Korrespondent), Regula Renschler (eh. Redaktorin DRS2), Joe Schelbert (eh. Echo der Zeit), Maria Magdalena Moser (Publizistin).
Schweiz – EU: wie weiter? (29. 6. 2023)
Real ist die Schweiz mit der EU verflochten. Mental geht sie auf Distanz. Warum? Gäste: Roger de Weck (eh. Generaldirektor der SRG), Elisabeth Joris (Historikerin).
Post-Wachstum: ökologisch und sozial gerecht? (31. 8. 2023)
Ökonomische, ökologische und soziale Fragen hängen zusammen. Aber wie? Gäste: Irmi Seidl (Ökonomin), Evelyn Markoni (Soziologin), Ariane Rufino dos Santos (Musikantin, Gärtnerin).
Transparente Finanz- und Rechtssysteme (28. 9. 2023)
Schmutzige Goldwäsche, (Selbst-)Begünstigung und organisierte Kriminalität. Was hilft? Gäste: Mark Pieth (Strafrechtler), Magdalena Küng (Soziologin).
Was tut die Friedensforschung? (26. 10. 2023)
Strukturelle Ursachen von Kriegen und kulturelle Konflikt-Dynamiken. Gäste: Laurent Goetschel (Politologe, Direktor Swiss Peace), Cécile Speitel (Film-Autorin).
Unser Leben gestalten (30. 11 .2023)
Brüche, Kontinuitäten - und wir? Gäste: Cornelia Kazis (Autorin «Weiterleben, Weitergehen, Weiterlieben», Franziska Schutzbach (Autorin «Wider die weibliche Verfügbarkeit»).
Was motiviert zur Selbst-Reflexion? (14. 12. 2023, 19 Uhr)
Was hilft, produktiv über uns, gesellschaftliche Verhältnisse und eine friedliche Zukunft nachzudenken? Gäste: Barbara Bleisch (Sternstunde Philosophie SRF), Matthias Herren (Theologe Dargebotene Hand).
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