Die griechische Regierung übt Druck und Zensur gegen NGOs in Flüchtlingslagern aus

Mit einem neuen Gesetz versucht die griechische Regierung Mitarbeiter von NGOs zu kriminalisieren, die über menschenrechtswidrige Zustände in Flüchtlingscamps berichten wollen. Zudem könnten in einem neuen Lager auf der Insel Lesbos Asylsuchende, aber auch Mitarbeiter von Hilfsorganisationen einer möglichen Bleivergiftung ausgesetzt sein, denn das Lager wurde auf einem militärischen Schiessplatz errichtet.

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Ein neu erlassenes Gesetz der griechischen Regierung verbiete es NGOs und Freiwilligen, Informationen aus griechischen Flüchtlingscamps zu verbreiten, schreibt das United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs OCHA. Das neue Druckmittel sei eine alarmierende Massnahme, um Beschäftigte von NGOs mundtot zu machen und ihre wichtige Rolle bei der Berichterstattung über das unerträgliche Leiden von Geflüchteten in berüchtigten Lagern zu untergraben. Mit dem neuen Gesetz dürften aktive aber auch ehemalige Beschäftigte in Flüchtlingslagern keine öffentlichen Bedenken über mögliche Verstösse gegen Asylbewerber in diesen Lagern und ihren unmenschlichen Bedingungen mehr äussern. 

Dies sei nicht der erste Versuch der griechischen Politik, Solidarität und Hilfe für Migranten einzuschränken und zu kriminalisieren, berichtet das OCHA. Seit ihrem Wahlsieg Mitte 2019 habe die rechte Partei der Neuen Demokratie in Griechenland eine Kampagne gegen NGOs und zivilgesellschaftliche Akteure gestartet. Einige Mitglieder der Regierung werfen verschiedenen NGOs sogar vor, Menschen geschmuggelt und gehandelt zu haben.

Sowohl auf den griechischen Inseln als auch auf dem Festland seien die schlechten und unhygienischen Bedingungen in den Flüchtlingslagern ausführlich dokumentiert worden. Euro-Med-Monitor habe erst kürzlich umfangreiches Material und Informationen aus griechischen Lagern publiziert. Sie zeigten eindrücklich, unter welchen entsetzlichen und unmenschlichen Bedingungen die Migranten an solchen Orten leiden müssen.

«Die Berichterstattung von NGOs aus Flüchtlingslagern bietet zeitnahe Augenzeugenberichte über Missbräuche, gibt Einblick in die täglichen Kämpfe der dort  lebenden Asylbewerber und Flüchtlinge und erinnert die politischen Führer auf lokaler und globaler Ebene daran, dass Menschenrechtsverletzungen nicht unbemerkt bleiben», wird Michela Pugliese, Rechtsberaterin bei Euro-Med Monitor, vom OCHA zitiert.

Human Rights Watch berichtet von einem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos, das von den Behörden auf einem umfunktionierten militärischen Schiessplatz errichtet wurde, nachdem im Lager Moria anfang September mehrere grosse Brände ausbrachen. Tausende von Asylsuchenden, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, der UN, sowie Mitarbeiter der EU und Griechenlands sind möglicherweise dem Risiko einer Bleivergiftung ausgesetzt, so Human Rights Watch. Denn Schiessplätze sind häufig mit Blei aus Munition kontaminiert. Dennoch hätten die Behörden vor der Umsiedlung der Migranten im September 2020 keine umfassenden Bleitests oder Bodensanierungen durchgeführt. Im Lager sei sogar intakte Munition gefunden worden, die im Fall einer Bewegung explodieren könne.