Die Gründe für die gescheiterte Konzern-Initiative
Die Abstimmung über die Konzernverantwortungs-Initiative vom Samstag schreibt Demokratiegeschichte. Denn sie erreichte die Mehrheit der Stimmberechtigten, scheiterte aber am Ständemehr. Und das gab es in der Schweiz zuvor nur im Jahr 1955. Hauptverantwortlich für die gescheiterte Initiative seien Falschbehauptungen von Bundesrätin Karin Keller-Sutter, monieren die Initianten und Rechtsprofessoren.
Der Dank geht an die Zehntausende von Freiwilligen, die für das Anliegen gekämpft haben und damit eine Mehrheit der Stimmbevölkerung überzeugen konnten. Es gab in jüngster Zeit wohl keine Abstimmung in der Schweiz, für welche sich so viele Menschen eingesetzt haben. Und doch scheiterte die Initiative am Ständemehr, denn über die Hälfte der Kantone sagte Nein. Von der Stimmbevölkerung wurde sie mit 50.7 Prozent knapp angenommen. Die Stimmbeteiligung erreichte nur gerade 46 Prozent.
Die Initiative sei vor allem wegen der Verwirrungstaktik von Bundesrätin Karin Keller-Sutter gescheitert, schreibt die Hilfsorganisation «Solidar Suisse» in ihrer Pressemitteilung. Das Hilfswerk setzte sich schon seit langem aktiv für mehr Konzernverantwortung ein. Markus Schefer, Professor für öffentliches Recht an der Universität Basel, sagte gegenüber dem Onlinemagazin nau.ch: «Vertreter der Landesregierung haben eine Verpflichtung zur Sachlichkeit. Die Grenze wird dann überschritten, wenn die Informationen nicht stimmen.» Und er fährt fort: «Justizministerin Karin Keller-Sutter spricht immer wieder von einer Beweislastumkehr und dass eine riesige Zahl an KMU betroffen seien – beides stimmt nicht.» Die Meinung von Schefer wird auch von Roland von Büren, emeritierter Professor für Wirtschaftsrecht in Bern, Franz Werro, Professor für Obligationenrecht in Fribourg, sowie vom ehemaligen Zürcher Oberrichter Alexander Brunner geteilt.
Zudem habe das gegnerische Lager durch die PR-Agentur FurrerHugi nicht nur mit einem Fake-Faktencheck auf den Infoportalen des grössten Schweizer Medienkonzerns Tamedia geworben, sondern auch Angst vor Klagewellen amerikanischer Prägung geschürt – trotz der hohen Prozesshürden in der Schweiz, schreibt Solidar Suisse. In der Summe habe die Verwirrungstaktik der Konzernlobby leider funktioniert.
Doch das breit abgestützte Initiativkomitee gibt sich nicht geschlagen: «Für die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer ist klar, dass Profit nicht auf Kosten der Menschen oder der Umwelt erwirtschaftet werden darf.» Deshalb habe die Mehrheit der Bevölkerung «Ja» gestimmt. Dies entspreche auch einem internationalen Trend, denn immer mehr Länder erliessen Gesetze zur Konzernverantwortung. «Die Initianten sind davon überzeugt, dass die Forderungen der Konzernverantwortungsinitiative in wenigen Jahren umgesetzt werden müssen und setzen sich mit aller Kraft weiterhin dafür ein.»
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